Albrecht Glaser, Mariana Harder-Kühnel, Gerold Otten, Paul Viktor Podolay und Karsten Hilse und jetzt Harald Weyel – die AfD hat in Sachen Kandidierende für das Bundestagspräsidium das halbe Dutzend voll gemacht.
Sechs Mal schickte die Fraktion in der laufenden Legislaturperiode einen Abgeordneten oder eine Abgeordnete ins Rennen um die Stellvertretung für Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), sechs Mal scheiterten sie.
AfD ohne Sitz im Bundestagspräsidium
In dieser Sitzungswoche sackte der 61-jährige Harald Weyel die nächste Niederlage ein: 531 Parlamentarier stimmten gegen den AfD-Kandidaten, 101 gegen ihn. Weyel war gewissermaßen die letzte Patrone der Partei in dieser Wahlperiode, es verbleibt vor der Bundestagwahl im September nur noch eine Sitzungswoche, dann ist parlamentarische Sommerpause.
Mit der Ablehnung von Weyel durch das Parlament geht eine schier unendliche Geschichte nun doch zu Ende. Sie begann am 24. Oktober 2017 mit der Nominierung von Albrecht Glaser durch die AfD. Sie bleibt damit die einzige Fraktion, die im 19. Deutschen Bundestag keinen Sitz im Präsidium erlangen konnte.
Wer gehört dem Bundestagspräsidium an?
In der konstituierenden Sitzung des 19. Deutschen Bundestag wurde Wolfgang Schäuble (CDU) im ersten Wahlgang zum Parlamentspräsidenten gewählt, zu seinen Stellvertreterinnen und Stellvertretern Thomas Oppermann (SPD), Hans-Peter Friedrich (CSU), Petra Pau (Linke), Wolfgang Kubicki (FDP) und Claudia Roth (Grüne). Nach dem Tod Oppermanns am 25. Oktober 2020 wählten die Abgeordneten Dagmar Ziegler als SPD-Vertreterin ins Präsidium des Bundestags.
Das Problem der Partei: Zwar sieht die Geschäftsordnung des Parlaments vor, dass jede Fraktion "durch mindestens einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin im Präsidium vertreten" sein soll, aber niemand kann die Abgeordneten zwingen, in den geheimen Wahlen für einen bestimmten Kandidaten oder eine bestimmte Kandidatin zu stimmen, schließlich sind sie laut Grundgesetz allein ihrem Gewissen verpflichtet.
Dennoch schäumen AfD-Politikerinnen und -Politiker regelmäßig über die Ablehnung ihrer Vorschläge für eines der höchsten Ämter, die unser Land zu bieten hat. Fast trotzig kündigte Fraktionschefin Weyel nach der erneuten Niederlage an, es in der kommenden Wahlperiode im dann neuen Deutschen Bundestag wieder versuchen zu wollen. Ihre Fraktion werde "ihren Anspruch auf das Amt eines Bundestags-Vizepräsidenten aufrechterhalten", sagte sie der Nachrichtenagentur DPA. Dies sei ein "demokratisches Recht", das die anderen Fraktionen der AfD nicht vorenthalten dürften. "Wir werden es dem politischen Mitbewerber auch in Zukunft nicht leicht machen, die AfD einfach auszugrenzen."
Die für den 19. Deutschen Bundestag beendete Geschichte dürfte im 20. ihre Fortsetzung erleben.
Sehen Sie in der Fotostrecke oben, wen die AfD in den vergangenen vier Jahren für das Bundestagspräsidium vorgeschlagen hat – und wie die Kandidatin und die Kandidaten scheiterten.
Quellen: Deutscher Bundestag: Sitzungskalender, Deutscher Bundestag: Abstimmung über Harald Weyel, Deutscher Bundestag: Geschäftsordnung, Grundgesetz, Nachrichtenagenturen DPA und AFP