Außenminister Guido Westerwelle ist mit seiner Boykott-Drohung gegen die Afghanistan-Konferenz auf Unverständnis beim Koalitionspartner Union gestoßen. Bisher habe niemand die Erwartung geäußert, das Treffen im Januar in London solle eine reine Truppenstellerkonferenz werden, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der CDU-Politiker Ruprecht Polenz, dem Deutschlandfunk am Dienstag. Daher verstehe er Westerwelles Haltung nicht ganz.
Westerwelle hatte erklärt, er werde zu dem Treffen nur dann erscheinen, wenn dort über einen breiten politischen Ansatz und eine Gesamtstrategie für Afghanistan beraten werde. "Wenn die Afghanistan-Konferenz in London eine reine Truppenstellerkonferenz wird, fahre ich nicht hin", sagte der FDP-Politiker dem stern.
Westerwelle rudert zurück
Auf Kritik war Westerwelle damit zuvor bereits bei dem Sicherheitsexperte der Grünen, Omid Nouripour, gestoßen. Es sei "völlig absurd, der eigenen Veranstaltung öffentlich mit einem Boykott zu drohen", sagte er "Thüringer Allgemeinen". "Wenn die Bundesrepublik eine Konferenz mitveranstaltet, dann hat sie Einfluss darauf, was dort diskutiert wird", führte Nouripour an. Westerwelle habe aber Recht, dass bei der Konferenz Ende Januar nicht über die Zahl der Soldaten, sondern über den Aufbau Afghanistans gesprochen werden müsse.
Das Auswärtige Amt wies dagegen den Eindruck zurück, Westerwelle habe mit einem Boykott gedroht. "Das Gegenteil ist der Fall", sagte ein Sprecher. Westerwelle betrachte das Treffen als wichtige Wegmarke. Entscheidend für den Erfolg der Konferenz sei aber, dass das Treffen einem breiten politischen Ansatz folge. Für Truppenstellerkonferenzen gebe es etwa bei der Nato andere Formate. Die Teilnahme an diesen Treffen liege nicht in der Verantwortung des Außenministers. Bundeskanzlerin Angela Merkel zählt zu den Initiatoren der Konferenz am 28. Januar.
USA setzen Verbündete unter Zugzwang
Die massive Truppenaufstockung der USA am Hindukusch um 30.000 Soldaten hatte auch die Verbündeten unter Zugzwang gesetzt. In Deutschland ist die Entsendung weiterer Soldaten jedoch ebenso unpopulär wie der ganze Einsatz. Die Bundesregierung verweist seit Wochen darauf, dass sie über eine Aufstockung der deutschen Truppen am Hindukusch erst im Zusammenhang mit der Londoner Konferenz entscheiden will.
Derzeit verrichten rund 4300 deutsche Soldaten in Afghanistan ihren Dienst, die Obergrenze des Mandats von 4500 Soldaten ist damit fast ausgeschöpft. Zudem hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) für Januar die Entsendung einer zusätzlichen Kampfkompanie mit etwa 120 Soldaten in die Unruheprovinz Kundus angekündigt.