Was passierte am Neujahrstag im österreichischen Donnersbachwald? Diese Frage beschäftigt nicht nur die zuständige Staatsanwaltschaft sondern mittlerweile auch verstärkt die Öffentlichkeit. Sicher ist: Auf einer bislang unauffälligen Pistenkreuzung auf der Riesneralm stieß Thüringens Ministerpräsidenten Dieter Althaus am 1. Januar gegen 14.45 Uhr mit der Slowakin Beata C. zusammen. Beide waren mit rund 50 km/h unterwegs. Der CDU-Politiker erlitt eine schwere Schädelverletzung, die 41-Jährige starb an den Folgen des Zusammenpralls. Nun wird gegen Althaus wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Eigentlich eine Routineuntersuchung, aber mittlerweile gibt es Hinweise, dass der Regierungschef der Schuldige an dem tragischen Unfall sein könnte.
Mit dem genauen Unfallhergang beschäftigen sich nun die österreichischen Ermittler. Bei ihnen hat sich inzwischen ein erster Unfallzeuge gemeldet. Seine Aussage sei für die Ermittler sehr wichtig und werde in das Gutachten des Sachverständigen einfließen, sagte Staatsanwalt Walter Plöbst am Montag in Leoben. Einzelheiten nannte er jedoch nicht.
Althaus selbst hat keine Erinnerung an den Zusammenstoß und sein Bodyguard soll soweit hinter seinem Schützling zurückgelegen haben, dass er den Unfall nicht gesehen haben will. Der "Spiegel" aber mutmaßt, es sei eher unwahrscheinlich, dass die Slowakin den Unfall verursacht habe. Das Blatt beruft sich dabei auf die genaue Lage der Unglückstelle. Wie ein offizielles Polizeifoto zeigt, passierte der Unfall an einer großen und gut einsehbaren Zusammenführung zweier Pisten. Althaus fuhr die mittelschwere rote Strecke, Beata C. war auf der leichten blauen Piste unterwegs. Beide Strecken sind zusätzlich auf ein paar Metern durch ein Fanggitter voneinander getrennt. "Dass das Unglück oberhalb dieser Absperrung passierte, eindeutig auf der blauen Piste, ist eines der Rätsel, mit denen sich die Staatsanwaltschaft beschäftigen muss", schreibt der "Spiegel".
Möglicherweise sei Althaus orientierungslos gewesen, als er auf die Kreuzung kam, oder er fuhr als "Geisterfahrer" bewusst bergauf auf die blaue Piste, möglicherweise - wie der "Tagesspiegel" schreibt - um sich das kräftezehrende Abbremsen zu erleichtern. Die "Bild"-Zeitung zitiert Siegmund Schnabl, Leiter der zuständigen Alpinpolizei, ob der CDU-Politiker bergauf fahren musste, um an die Unfallstelle zu gelangen. Die Antwort laut "Bild": "Ja, da geht's bergauf. Um ins Tal zu kommen, hätte er in die andere Richtung - nach rechts - fahren müssen.
In dem 400-Seelen-Dorf am überschaubaren Skigebiet von Donnersbachwald will sich kaum jemand an den Spekulationen beteiligen. Fast scheint es so, als habe die gesamte Gemeinde ein internes Schweigegelübde abgelegt. Die Wirte der beiden Haupthütten im Skigebiet "Berghof" und "Hochsitz" wollten sich auf Anfrage von stern.de nicht einmal zum Pistenverlauf äußern. Ob Dieter Althaus bei ihnen zu Gast war, wüssten sie nicht. Der Chef der ortansässigen Skischule "Magic Snow", Martin Kerschbaumer, verweist auf die ermittelnde Staatsanwaltschaft. "Das ist Privatsache, fragen sie die Behörden." Natürlich kenne er die Unfallstelle, aber ob man dort schnell zum Geisterfahrer werden könne, wollte der Skilehrer weder bestätigen noch dementieren.
Nur eine Dorfbewohnerin äußert sich über die Unfallstelle: "Ich bin die Piste schon oft gefahren, bestimmt 100 Mal. Mich wundert es stark, dass es dort zu einem Frontalzusammenstoß kommen konnte. So lange ich denken kann, gab es dort noch nie ein Problem", so die Wirtin der Pension "Riesnertreff", Marianne Reith, zu stern.de. War einer der Skiläufer vielleicht doch zu schnell oder unachtsam - oder sogar beide?
Nach Angaben der ermittelnden Staatsanwaltschaft soll sich mittlerweile ein Zeuge gemeldet haben, der den Unfall gesehen haben will. Der Urlauber spricht nach einer ersten Vernehmung von einem "Frontalzusammenstoß". Das könnte möglicherweise bedeuten, dass Dieter Althaus von seiner roten Piste auf den blauen Hang der tödlich verunglückten Slowakin geraten sei, weshalb es zur Kollision gekommen sei. Wie die Justizbehörde in Leoben mitteilte, werden die Gutachten der Sachverständigen, die den Unfallhergang und die Schuldfrage klären sollen, erst in etwa vier Wochen vorliegen.

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Bis dahin wird auch das Untersuchungsergebnis der Blutproben von Althaus und Beata C. vorliegen. Die Mediziner prüfen also auch die Möglichkeit, ob einer der Beteiligten oder beide Alkohol getrunken hatten. "Zudem werden die Kleidung und die Ausrüstungsgegenstände auf Spuren untersucht", so die Staatsanwaltschaft. In Österreich steht auf fahrlässige Tötung eine Strafe von bis zu zwei Jahren. Klarheit gibt es inzwischen zum Tod der 41-Jährigen. Sie starb eindeutig an den Kopfverletzungen nach dem Zusammenprall mit dem Politiker, "wie die Obduktion ergeben hat", so Staatsanwalt Walter Plöbst.
Der Gesundheitszustand von Dieter Althaus entwickelt sich positiv, so das Ärzteteam. Er habe seine Orientierung zwar noch nicht voll wiedergefunden und liege noch auf der Intensivstation, sei aber ansprechbar und habe keine Schmerzen, sagten die behandelnden Ärzte auf einer Pressekonferenz. Sie seien optimistisch, dass der Ministerpräsident keine relevanten bleibenden Schäden zurückbehalten werde. Es werde bereits über eine Verlegung in die Universitätsklinik Jena beraten, einen Zeitpunkt gebe es dafür aber noch nicht.