Das Bundeskabinett hat den Entwurf für das so genannte Antidiskriminierungsgesetz gebilligt. Damit sollen vier Gleichbehandlungs-Richtlinien der EU in deutsches Recht umgesetzt werden. Deutschland steht unter erheblichem Zeitdruck, weil einige Richtlinien schon überfällig sind und hohe Bußgelder drohen.
Um das parlamentarische Verfahren zu beschleunigen, soll der Gesetzentwurf deshalb in der kommenden Woche von den Regierungsfraktionen in den Bundestag eingebracht werden.
Antidiskriminierungsgesetz
Das Gleichbehandlungsgesetz soll vor Benachteiligung im Privaten und am Arbeitsplatz schützen. Der deutsche Gesetzentwurf geht jedoch in einigen Punkten über die Vorgaben der EU hinaus. Die Regierung will bei täglichen Geschäften wie beim Buchen von Reisen oder von Hotelzimmern auch Behinderte, Alte und Homosexuelle schützen. Die EU sah als Kriterien für besonderen Schutz allerdings nur Rasse, Geschlecht und ethnische Herkunft vor. Außerdem sollen Gewerkschaften und Betriebsräte im Namen von Angestellten klagen können, die sich benachteiligt sehen und selbst keine eigene Klage anstrengen wollen.
Dennoch gibt es innerhalb der Union Streit um das Antidiskriminierungsgesetz. Auch in der Wirtschaft und bei der FDP, wächst der Widerstand gegen die Regelung. Die Liberalen haben dazu eine aktuelle Stunde im Bundestag beantragt.
Die Unionsparteien hatten im Bundestagswahlkampf das damals von Rot-Grün geplante Gesetz gegen Diskriminierung zum Symbol für eine verfehlte Wirtschafts- und Mittelstandspolitik der damaligen Regierung erklärt und massiv angegriffen. Der Wirtschaftsflügel der Union ließ über den Vorsitzenden der Unions-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, ausrichten, dass "die Union ihre Glaubwürdigkeit verliert, wenn sie öffentlich Freiheit predigt und in der großen Koalition Staatswirtschaft praktiziert".
Der CSU-Parlamentarier Norbert Geis sagte, zwar seien in der großen Koalition Kompromisse unumgänglich. "Die Fraktionsspitze muss aber auch darauf achten, dass das Profil der CDU/CSU nicht verloren geht."
Die nordrhein-westfälische CDU-Basis äußert sogar Zweifel an der Regierungsstrategie von Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Bei uns kommt das gar nicht gut an", sagte der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen CDU, Henrik Wüst, dem "Handelsblatt". Auf dem "Altar der Koalitionsruhe" dürfe man nicht alles opfern, denn es dürfe nicht fortwährend der Eindruck entstehen, dass nicht gekämpft wird."
Der Kampf gegen das Antidiskriminierungsgesetz sei für die nordrhein-westfälische CDU "eine Frage der Glaubwürdigkeit", so Wüst, der auch Mitglied im CDU-Bundesvorstand ist. Man habe im Landtagswahlkampf gesagt, "wir werden das nicht mitmachen". Mit der von Merkel propagierten "Politik der kleinen Schritte" sei das schwer zu vereinbaren: "Das Antidiskriminierungsgesetz ist kein kleiner Schritt in die richtige Richtung, sondern ein großer Schritt in die falsche."