Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe hat erneut einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter im Münchner NSU-Prozess, Manfred Götzl, gestellt. In ihrem am Mittwoch verfassten dreiseitigen handgeschriebenen Brief hält sie Götzl vor, er verweigere ihr "faktisch den Anwalt meines Vertrauens". Daraus könne sie nur folgern, dass Götzl ihr gegenüber "nicht mehr unparteiisch" sei.
Weiter heißt es in dem Schreiben, Anwalt Borchert habe sie seit Sommer 2014 mindestens 80 mal in der Haft besucht und ohne ihn wäre es nicht dazu gekommen, dass sie Aussagen vor Gericht macht. Nur durch die Beratung von Borchert und seines Kollegen Mathias Grasel "war es mir möglich und wird es mir zukünftig möglich sein, mich zur Anklage sachgerecht zu äußern". Hier lässt Zschäpe eine indirekte Drohung mitschwingen, dass sie ohne fünften Pflichtanwalt möglicherweise keine Angaben mehr zur Sache machen werde.
Beate Zschäpe: Pflichtverteidiger vom Steuerzahler getragen
Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte Ende vergangener Woche einen Antrag Zschäpes abgelehnt, in dem sie die Berufung des Rechtsanwalts Hermann Borchert als Pflichtverteidiger verlangt - die Arbeit des bisherigen Wahlverteidigers müsste dann vom Steuerzahler getragen werden, Zschäpe selbst ist mittellos. Borcherts Kanzleipartner Mathias Grasel ist seit Sommer 2015 vierter Pflichtverteidiger Zschäpes. Mit ihren drei anderen Pflichtverteidigern Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm hat sich Zschäpe über die Frage ihres Aussageverhaltens zerstritten.
Das Gericht forderte die Prozessparteien auf, zu Zschäpes neuem Befangenheitsantrag bis Freitag Stellung zu nehmen. Damit kann der NSU-Prozess voraussichtlich planmäßig kommende Woche weitergehen. Zschäpe muss sich für die Serie von zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen verantworten, die dem NSU zugeschrieben werden. Opfer waren fast durchweg griechisch- und türkischstämmige Gewerbetreibende. Als Motiv nimmt die Bundesanwaltschaft Rassenhass an.