Trotz einer prinzipiellen Milliarden-Zusage des Bundes geht der Streit mit den Ländern über die Finanzierung von Bildung und Forschung in Deutschland weiter. Der Bund werde zusätzlich 40 Prozent einer Finanzierungslücke von mindestens 13 Milliarden Euro pro Jahr übernehmen, kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Bildungsgipfel mit den Ministerpräsidenten am Mittwoch in Berlin an. Der Bund wolle dies aber über konkrete Projekte leisten - die Länder fordern hingegen vehement einen höheren Anteil am Umsatzsteueraufkommen. In einem halben Jahr soll darüber entschieden werden.
Kurz vor der entscheidenden Bundesratssitzung am Freitag gibt es zudem weiter keine Einigung über die Verteilung der Ausfälle durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. "Die Gespräche laufen weiter", sagte Merkel.
Einig über Anhebung der Bildungsausgaben
Merkel und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) betonten, über das Ziel, die Gesamtausgaben für Bildung und Forschung bis 2015 auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben, herrsche Einvernehmen. "Ich möchte, dass wir zu einer Einigung kommen, auch wenn es schwierig wird", sagte Merkel. Beck mahnte: "Ich hoffe, dass wir am Ende eine dauerhafte Ausgabe auch mit einer dauerhaften Einnahme versehen." Das Zehn-Prozent-Ziel gelte auch für die darauffolgenden Jahre. "Darum wird noch sehr intensiv gerungen werden müssen." Eine Entscheidung müsse es beim nächsten Bund-Länder-Treffen am 10. Juni geben. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) begrüßte die Zusage des Bundes.
Beck betonte mit Blick auf die von der Koalition geplanten Steuersenkungen, immer weiter sinkende Einnahmen, höhere Bildungsausgaben und die Schuldenbremse seien kaum miteinander vereinbar. "Da ist mehr als die Quadratur des Kreises verlangt." Im Hinblick auf das Steuerpaket am Freitag im Bundesrat verwiesen die Beteiligten auf weitere Gespräche. "Ich habe keine neuen Erkenntnisse", sagte Merkel. "Wir haben keine Verquickung der Themen vorgenommen", berichtete Beck.
28 von 41 Milliarden schon eingeplant
Zuvor war spekuliert worden, Zugeständnisse bei der Bildung könnten den Ländern ein Ja zu den Hilfen für die Familien und die Steuerentlastungen für Erben, Unternehmen und Hoteliers in der Länderkammer erleichtern. Trotz mangelnden Einvernehmens wird mit einer erforderlichen Mehrheit mit den schwarz-gelben Länderstimmen für das Wachstumsbeschleunigungsgesetz gerechnet.
Beck erläuterte, von der Lücke von insgesamt 41 Milliarden Euro für die geplanten Etatsteigerungen im Bildungsbereich hätten die Länder bereits 28 Milliarden eingepreist. Merkel versicherte: "Wir werden auf Dauer mehr Geld zur Verfügung stellen." Er werde nicht nur Zusagen für eine Legislaturperiode machen. "Der Bund hat viele Ideen und es ist keine Frage, dass wir die 40 Prozent locker mit diesen Ideen auffüllen können", versicherte die Kanzlerin mit Blick auf den Anteil des Bundes an der 13-Milliarden-Lücke.
"Wer an Bildung spart, hat sie bitter nötig"
"Im Hochschulbereich, im Bereich der Lehre gibt es noch etwas zu tun", sagte Merkel. Ein Stipendienprogramm oder frühkindliche Sprachförderung könnten etwas Gutes sein. Beck stellte klar: "Die 40 Prozent beziehen sich auf einen Bruchteil unserer Aufgaben." Der Bund könne daraus keine Kompetenz über die Bestimmung der Gelder herleiten. Merkel beanspruchte daraufhin eine Restkompetenz für den Bund: "Ein Pakt für Lehre würde man sehr gut miteinander hinkriegen."
Die Regierungschefs von Bund und Ländern waren auf dem ersten Bildungsgipfel vor gut einem Jahr in Dresden übereingekommen, die Gesamtaufwendungen von Staat und Wirtschaft für diese Zukunftsbereiche bis 2015 auf zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern. Im Gespräch sind nach neueren Berechnungen Ausgabenerhöhungen zwischen 13 und 16 Milliarden Euro pro Jahr - von denen die Länder nach der bisher üblichen Aufgabenverteilung etwa die Hälfte zu tragen haben.

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Nordrhein-Westfalens Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) bekräftige im Deutschlandradio Kultur seine Forderung nach einem weiteren Hochschulsonderprogramm. Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Petra Roth, forderte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" eine Berücksichtigung der Kommunen an zusätzlichen Bildungsinvestitionen. "Wer an Bildung spart, hat sie bitter nötig", mahnte Verdi-Chef Frank Bsirske.