BODENSEE-KATASTROPHE Fluglotse verwechselte Unglücksmaschinen

Neue Erkenntnisse zum Zusammenstoß der Flugzeuge am Bodensee Anfang Juli: Aus den Anweisungen des Fluglotsen sei nicht hervorgegangen, welchen der beiden Piloten er ansprach.

Nur wenige Sekunden vor dem Zusammenstoß zweier Flugzeuge über dem Bodensee mit 71 Toten hat der Schweizer Fluglotse den Piloten ungenaue Anweisungen gegeben. Ein Sprecher der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung in Braunschweig bestätigte am Dienstag, der Fluglotse habe bei seinen Anweisungen über Funk nicht klar gemacht, welchen der beiden Piloten er meine. Berichte russischer Medien, nach denen der Lotse die Flugzeuge verwechselt habe, wollte der Sprecher nicht bestätigen.

Den Berichten zufolge funkte der Lotse 20 Sekunden vor dem Zusammenstoß an die Piloten der russischen Tupolew, dass in einer bestimmten Richtung rechts von ihnen das zweite Flugzeug, die Boeing, zu sehen sei. Tatsächlich sei die Boeing aber links von der Tupolew geflogen. Die Besatzung der Tupolew hat den Berichten zufolge bis elf Sekunden vor dem Zusammenstoß erfolglos versucht, das zweite Flugzeug zu entdecken. Daraus schließen die Zeitungen, der Fluglotse habe die beiden Maschinen verwechselt. Bei dem Zusammenstoß waren in der Nacht zum 2. Juli 71 Menschen ums Leben gekommen.

Lotse verwirrt Tupolew-Crew

Der Sprecher der Flugunfalluntersuchung, Frank Göldner, sagte, der Fluglotse habe nicht klar gemacht, welches Flugzeug er meine. Daraus könne aber noch nicht geschlossen werden, dass er die Maschinen verwechselte. Zu den von den russischen Zeitungen veröffentlichten Protokollen der Sekunden vor dem Zusammenstoß sagte Göldner im Schweizer Radio, sie enthielten »Zeitangaben im Bereich von Zehntelsekunden«, die aber gar nicht erstellt werden könnten. Ein Sprecher der Schweizer Flugsicherung Skyguide lehnte unter Berufung auf die laufenden Ermittlungen jeden Kommentar ab.

Den Protokollen zufolge wies der Schweizer Fluglotse die Tupolew 45 Sekunden vor dem Zusammenstoß zum Sinkflug an, fünf Sekunden später bestätigte die Besatzung die Anweisung. 35 Sekunden vor der Kollision meldete sich demzufolge das Kollisionswarngerät des Flugzeugs und gab die Anweisung zum Steigen. 20 Sekunden vor dem Unglück sei der ungenaue Richtungshinweis erfolgt und weitere neun Sekunden später habe sich die Tupolew-Crew fluchend gemeldet, und gefragt, wo denn das zweite Flugzeug sei. Neuneinhalb Sekunden vor dem Zusammenstoß habe sich das Kollisionswarngerät der Tupolew erneut mit der Anweisung gemeldet, höher zu fliegen. In den letzten Sekunden seien nur noch die Flüche beider Besatzungen zu hören gewesen, berichten die Zeitungen.