Bombenleger gefasst Der Terrorismus rückt näher

Nur einen Tag nach der öffentlich aufgenommenen Fahndung konnte die Polizei am Samstag einen mutmaßlichen Bombenleger festnehmen, der zusammen mit einem Komplizen zwei Regionalzüge in Nordrhein-Westfalen in die Luft jagen wollte.

Der rasche Erfolg spricht für die Professionalität der Ermittler, wirkt aber für die Bundesbürger keineswegs beruhigend. Erst am Vortag warnte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), dass die Gefahr einer Wiederholung bestehe.

Der Terrorismus rückt näher. Madrid 2004, London 2005 und 2006 bezeichnen nur wenige der zahlreichen Orte weltweit, an denen nach dem 11. September 2001 Anschläge verübt oder versucht wurden. Die Sicherheitspolitiker aller Parteien betonen schon gebetsmühlenhaft, dass Deutschland Teil des weltweiten Gefahrenraums sei, auch wenn es keine konkreten Hinweise für Anschlagpläne gebe. Ende Juli war der Zeitpunkt fast gekommen. Hätte es nicht ein technischer Defekt verhindert, wären die 25 Kilogramm schweren Kofferbomben explodiert und hätten unzählige Menschen in den Tod gerissen.

"Nicht die freiheitliche Kultur wegbomben lassen"

Der aus NRW kommende Innenexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, zeigte sich über die Anschlagpläne äußerst besorgt. Darin zeige sich eine neue Dimension eines Terrorismus, der womöglich in Deutschland selbst entstanden sei. Er unterstützte deshalb den Vorstoß von Schäuble, die Videoüberwachung öffentlicher Plätze und des öffentlichen Nahverkehrs zu verstärken. Allerdings stellte er sich gegen Aktionismus und warnte: "Wir dürfen uns nicht unsere freiheitliche Kultur wegbomben lassen." Jetzt komme es auch darauf an, den Hintergrund der misslungenen Anschläge aufzuklären.

Da haben die Ermittler bislang noch wenige Erkenntnisse preisgegeben. Bei der Überprüfung der Kofferbomben wiesen Spuren nach Libanon, ein arabisch beschriebener Zettel, ein Speisestärketütchen eines libanesischen Herstellers. "Wir halten es für möglich, dass Täter Signale mit Blick auf den Nahen Osten setzen wollten", sagte der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke. Das zunehmende Engagement der Deutschen an den Krisenherden der Welt bringt das Land fast zwangsläufig in das Visier von Terroristen. Auch die Nichtbeteiligung am Irak-Krieg bot nie eine Gewähr, von Anschlägen verschont zu bleiben. Noch bleibt aber vieles Spekulation.

Deutschland im Lager der Kreuzzügler

Nach dem jüngsten Bericht des Verfassungsschutzes gefährden islamistische Bestrebungen weiterhin die Sicherheit der Bundesrepublik. "Die größte Gefahr geht dabei nach wie vor von islamistischen Terroristen aus, welche mit ihrem Kampf die Verwirklichung ihrer Vorstellungen von einer islamischen Weltordnung anstreben." Wenngleich der Gefährdungsgrad Deutschlands deutlich hinter dem der unmittelbar an der militärischen Intervention im Irak beteiligten Staaten zurückbleibe, sei doch festzuhalten, "dass auch Deutschland in den Augen der Mudschahedin zum Lager der so genannten Kreuzzügler, zu den Helfern der USA und Israels, zählt". Für den Bundesbürger könnte das heißen, dass auch er mit dem Risiko eines Terroranschlags leben muss.

Von Norbert Klaschka/DPA