Bremen Jugendschützer besuchen 600 Kinder

Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen feilt an einem engmaschigen System, das ohne Rücksicht auf Kosten Problemfamilien überwachen will. Erste Maßnahme: Mitarbeiter des Jugendamtes statten in den nächsten Tagen 600 Kindern einen Besuch ab.

Als Konsequenz aus dem Tod des zweijährigen Kevin werden Mitarbeiter des Bremer Jugendamtes mehrere hundert Familien der Stadt gezielt besuchen. In den nächsten Tagen sollen insgesamt 600 Kinder aufgesucht werden, "die in prekären Familienverhältnissen leben", erklärte Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) in Bremen.

95 Kinder von Drogenabhängigen seien bereits besucht worden. Die wichtigste Lehre aus dem Fall Kevin sei, "dass man die Kinder mit eigenen Augen sieht", sagte Böhrnsen. Deshalb solle in Bremen künftig ein "engmaschiges Netz um das Schicksal von Kindern" geknüpft werden. Kinder in schwierigen Verhältnissen sollten zwei Mal wöchentlich gesehen werden, sei es von Erzieherinnen, Kinderärzten oder Hebammen. Die Behörden dürften sich "nicht verlassen auf das, was Drogenabhängige sagen". Im Zweifel müsse das Kindeswohl immer über dem Elternrecht stehen.

Böhrnsen setzte sich auch für Pflichtuntersuchungen von Kindern ein und befürwortete die Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung. Entscheidend sei aber die konkrete Praxis. Dabei seien ihm die Kosten "wurscht". Die Debatte um Unterschichten sei "keine akademische, sondern eine reale". Der Staat müsse dringend etwas dagegen unternehmen, dass die soziale Schere weiter auseinander gehe.

Kevin war vergangene Woche tot im Kühlschrank seines drogensüchtigen Vaters gefunden worden. Die Bremer Sozialsenatorin Karin Röpke hatte die politische Verantwortung übernommen und war zurückgetreten. Kevin hatte unter Vormundschaft des Jugendamtes gestanden. Der Stadt lagen nach Angaben von Böhrnsen schon seit Monaten Hinweise auf den Fall vor. Die Umstände des Todes sollen von einem Untersuchungsausschuss der Bremer Bürgerschaft aufgeklärt werden.

Reuters
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