Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) hat einem Radiobericht zufolge eingeräumt, dass die Empörung der Unions-Ministerpräsidenten nach der umstrittenen Abstimmung des Bundesrats über das Zuwanderungsgesetz nicht spontan war.
Bereits in der Nacht vor der Abstimmung habe die Union von dem geplanten Stimmen-Splitting Brandenburgs und der mutmaßlichen Reaktion von Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) erfahren, sagte Müller nach Angaben des Saarländischen Rundfunks bei einer Kulturveranstaltung am Sonntag in Saarbrücken. Wowereit hatte das Votum Brandenburgs in der Länderkammer als Zustimmung bewertet, obwohl Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) unterschiedlich gestimmt hatten. Wowereit wies den Vorwurf der Union zurück, sein Verhalten sei durch finanzielle Zusagen des Bundes an Berlin erkauft worden.
»Legitimes Theater«
Müller sagte nach Angaben des Saarländischen Rundfunks, bereits in der Nacht vor der Abstimmung hätten die Unions-Regierungschefs ihre empörten Reaktionen auf die erwartete Entscheidung Wowereits verabredet. Dies sei zwar ein Theater gewesen, es habe sich aber um ein legitimes Theater gehandelt. Eine Bestätigung der Äußerungen durch die saarländische Staatskanzlei war zunächst nicht zu erhalten.
Bei der früheren Bundestagspräsidentin und Leiterin der Zuwanderungskommission der Bundesregierung, Rita Süssmuth (CDU), stieß das Verfahren im Bundesrat auf Kritik. »Wer das Verfahren im Bundesrat mitverfolgt hat, der kann zumindest soviel sagen, dass keine der Seiten vor überraschenden Situationen mit ihren Entscheidungen gestanden haben und alle auf unterschiedliche Szenarien sehr wohl vorbereitet waren,« sagte Süssmuth am Montag im Deutschlandfunk. Politik habe zwar immer Inszenierungszeichen, die Frage sei nur, welche Glaubwürdigkeit man vor den Menschen behalte. Zugleich bedauerte sie, dass sich durch die Diskussion über das Gesetz der Ton gegenüber Ausländern verschärft habe.
Koch: »...habe ich bis zu der Sekunde, in der es passierte, nicht für möglich gehalten«
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der sich unmittelbar nach der Abstimmung im Bundesrat am Freitag heftige Wortgefechte mit Wowereit geliefert hatte, verschärfte seine Kritik am Berliner Regierenden Bürgermeister. »Dass jemand so dreist und kalt mit der Verfassung umgeht, habe ich bis zu der Sekunde, in der es passierte, nicht für möglich gehalten«, sagte Koch der »Bild«-Zeitung (Montagausgabe). Wowereit müsse erklären, warum er das unterschiedliche Stimmverhalten Brandenburgs als Zustimmung gewertet habe. »Dazu gehört auch die Frage nach Absprachen und finanziellen Zugeständnissen für das Land Berlin.«
Wowereit wies die Vorwürfe zurück. »Ich würde in der gleichen Situation wieder genau so entscheiden«, sagte er dem »Tagesspiegel«. Er habe sich absolut korrekt verhalten, und selbst Verfassungsexperten seien sich uneinig, wie das Abstimmungsverhalten Brandenburgs zu bewerten sei, ergänzte Wowereit in der »Berliner Zeitung«. Der Vorwurf finanzieller Zugeständnisse an Berlin sei absurd.