Bundeswehr Letzte Wehrpflichtige treten Dienst an

Abschied von der Wehrpflicht: Heute müssen letztmals Rekruten auch gegen ihren Willen den Wehrdienst antreten. Künftig wird die Bundeswehr zur Freiwilligenarmee.

Nach mehr als 50 Jahren geht in Deutschland die Ära der Wehrpflicht zu Ende. Heute treten die vorerst letzten Rekruten ihren Pflicht-Wehrdienst an. Bundesweit werden 12.150 junge Leute eingezogen, teilte das Verteidigungsministerium mit. Es ist also ein historischer Tag für die deutsche Armee.

Wegen der Aussetzung der Wehrpflicht rücken beim zweiten Einberufungstermin Anfang März nur noch Freiwillige ein. Die allgemeine Wehrpflicht wird zum 1. Juli ausgesetzt, sie bleibt jedoch grundsätzlich erhalten. Sollte der Verteidigungsfall eintreten, wird sie automatisch wieder aktiviert. Mit der Reform wird die Bundeswehr zur Freiwilligenarmee umgebaut und soll um ein Viertel auf 185.000 Soldaten schrumpfen.

So mancher Betroffene wird die Einberufung als ungerecht oder unsinnig empfinden - zumal junge Männer, die nur einen Tag später geboren sind, womöglich nicht mehr zur Bundeswehr müssen. Es stellen sich also derzeit noch einige Fragen zur auslaufenden Wehrpflicht.

Warum werden immer noch Wehrpflichtige gegen ihren Willen eingezogen, obwohl die politische Entscheidung zur Aussetzung gefallen ist?

Der eigentliche Stichtag für die Aussetzung ist der 1. Juli 2011. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) entschied sich aber, bereits zum zweiten Einberufungstermin in diesem Jahr am 1. März nur noch Freiwillige einzuziehen. Eine noch frühere faktische Aussetzung war nicht möglich. Für den 3. Januar waren die mehr als 12.000 Einberufungsbescheide bereits verschickt, als das Kabinett seine Entscheidung zum Aussetzen der Wehrpflicht traf.

Was passiert, wenn Wehrpflichtige ihren Dienst im Januar einfach nicht antreten?

Im Einberufungsbescheid werden die Wehrpflichtigen darauf hingewiesen, dass sie mit disziplinar- und strafrechtlichen Folgen rechnen müssen, wenn sie ihren Dienst "schuldhaft" nicht antreten. Wer sich dauerhaft dem Pflichtdienst entzieht, gilt nach dem Wehrstrafgesetz als Fahnenflüchtiger und kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. In der Bundeswehr wird aber nicht mit einem harten Durchgreifen gegen Wehrpflichtige gerechnet, die am Montag nicht zum Dienst erscheinen.

Gibt es einen Ersatz für den bisherigen Wehrdienst?

Es wird einen freiwilligen Militärdienst geben, der zwölf bis 23 Monate dauern und bis zu 15.000 Männern und Frauen offen stehen soll. Die ersten sechs Monate sind Probezeit. Die Vergütung wird voraussichtlich zwischen knapp 800 und 1100 Euro netto im Monat liegen. Hinzu kommen Sachleistungen, beispielsweise für Unterkunft und Verpflegung, im Wert von etwa 265 Euro.

Kann die Wehrpflicht wieder eingeführt werden?

Ja. Die Wehrpflicht wird nicht aus dem Grundgesetz gestrichen. In Artikel 12a der Verfassung wird es weiter heißen: "Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden." Damit kann die Wehrpflicht jederzeit wieder eingeführt werden, wenn es die Sicherheitslage erfordert. Der Aufwand wäre aber immens, und politisch wäre ein solcher Schritt nur sehr schwer vermittelbar. Kein Land, das die Wehrpflicht in den vergangenen Jahrzehnten ausgesetzt hat, hat sie wieder eingeführt.

Was wird aus dem Zivildienst?

Der Zivildienst ist an die Wehrpflicht gekoppelt und fällt damit ebenfalls weg. Die Bundesregierung will die Lücken etwa bei der Pflege alter und kranker Menschen durch einen Bundesfreiwilligendienst schließen. 35.000 Stellen pro Jahr sollen Männern und Frauen jeden Alters offen stehen. Der Einsatz soll in der Regel zwölf, mindestens aber sechs und höchstens 24 Monate dauern. Das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr sollen durch den neuen Dienst ergänzt werden.

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dho/DPA