Bundeswehr-Trauerfeier "Der Unfall bringt uns aus dem Gleichgewicht"

Die Leichen der beiden in Afghanistan ums Leben gekommenen Bundeswehrsoldaten sind nach Deutschland überführt worden. Auf der Trauerfeier sprach Verteidigungsminister Struck von seiner "schwersten Amsthandlung".

Der Schmerz der Angehörigen ist unfassbar. Sie hatten die beiden Bundeswehrsoldaten schon in den nächsten Wochen aus Afghanistan zurückerwartet, nach halbjährigem Einsatz für den Frieden und den Wiederaufbau am Hindukusch. Nun kehrten der 26 Jahre alte Oberfeldwebel und der 37 Jahre alte Hauptfeldwebel in Särgen heim. Und diese Heimkehr war für ihre Familien kaum zu ertragen, als sie am Mittwochabend in einem Hangar auf dem militärischen Teil des Kölner Flughafens in der ersten Reihe saßen, die Särge vor sich.

"Manchmal ist es, als führe der Lebensweg über ein Drahtseil. Dieser Unfall bringt uns aus dem Gleichgewicht", sagte Militärpfarrer Christian Fischer. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan saßen bei den zehn Angehörigen, die sich die Reise nach Köln zugemutet hatten. "Dieser Gang zum Sarg ist das Schwerste, das man sich vorstellen kann", sagte ein Luftwaffenoffizier angesichts der Trauer der Familien. Es sei seine schlimmste Amtshandlung, Müttern und Ehefrauen die Särge ihrer Sohne und Männer zu übergeben, hatte Struck schon zuvor gesagt.

Die Trompete spielt: "Ich hatte einen Kameraden"

Bei grauem Gewitterhimmel landete der Luftwaffen-Airbus "Kurt Schumacher" am Abend, dann wurden die Särge ausgeladen und unter Trommelwirbel in den mit schwarzem Stoff ausgehängten Hangar gebracht. Eine Ehrenformation der Bundeswehr trat an, Kränze standen links und rechts der Särge. Es gab ein Totengebet, die Särge wurden gesegnet, und eine Trompete spielte "Ich hatte einen Kameraden".

Viele deutsche Soldaten, die in Afghanistan Dienst tun, fliegen von Köln ab und kommen sechs Monate später wieder dort an. Zum Teil bange Aufbruchstimmung und große Wiedersehensfreude herrschen fast immer nebeneinander in den Hallen auf dem militärischen Teil des Flughafens. Der Hauptfeldwebel war der erfahrenste Sprengmeister, den die Bundeswehr im Norden Afghanistans hatte.

Schon im Juli hätte er abgelöst werden sollen. Aber dann explodierte die Munition, die ein Milizenführer der Internationalen Schutztruppe ISAF übergeben wollte. Die beiden deutschen Soldaten und sechs afghanische Helfer starben - ob durch einen Unfall oder einen Anschlag, müssen Experten erst noch klären. Die Bundeswehr geht aber von einem Unfall aus.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hatte schon am Wochenende gesagt, die beiden Männer aus der Hammerstein Kaserne im niedersächsischen Wesendorf seien bei dem Versuch gestorben, Afghanistan zu helfen. "Sie wollten helfen, dass in Afghanistan der Frieden mit weniger Waffen Wirklichkeit wird", sagte auch Militärpfarrer Peter Michaelis.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Welche Worte können die Hinterbliebenen trösten?

Aber welche Worte können diejenigen trösten, die so sehr auf ein glückliches Wiedersehen gehofft hatten? Seit die Bundeswehr Ende 2001, nach dem Sturz des radikalislamischen Talibanregimes als Folge der US-Angriffe auf Afghanistan, an den Hindukusch ausrückte, sind dort 16 deutsche Soldaten gestorben. Von Sicherheit und Stabilität ist Afghanistan aber immer noch weit entfernt.

Die Bundeswehr hilft auf vielfältige Weise. Sie ist Teil der ISAF, die vor allem in der Hauptstadt Kabul für Sicherheit sorgt. Die Bundeswehr ist aber auch Teil der Wiederaufbauteams in Kundus und Feisabad im Norden des Landes, wo Sicherheit und Entwicklungshilfe Hand in Hand gehen.

Zur Stabilisierung der Region, in der auch Schlafmohn als Rohstoff für Heroin angebaut wird, gehört auch der Versuch, die Milizen zu entwaffnen. In den Provinzen haben die ehemaligen Warlords oft noch mehr Macht als die Zentralregierung. Wenn diese Milizenführer ihre Waffen abgeben, wird die Wahrscheinlichkeit neuer bewaffneter Konflikte wenigstens etwas kleiner. Auch dabei helfen deutsche Soldaten. Sie waren dabei, als alte Munition, unverpackt, auf Lastwagen verladen wurde und explodierte.

DPA
Jürgen Hein/DPA