Manche schlottern nach einer Nacht auf der Straße am ganzen Körper, wollen sich aber auch vom einsetzenden Regen am Sonntag nicht abschrecken lassen. Die Atomkraftgegner in Gorleben haben sich in goldene Wärmefolien eingewickelt, sie liegen auf Strohsäcken und teils unter Planen zum Schutz vor dem Regen. "Wir haben schon bei Minusgraden und trotz Wasserwerfern ausgeharrt", sagt Katja Tempel, die seit 27 Jahren gegen Atommüll-Transporte nach Gorleben protestiert. Bei einer Sitzblockade mit hunderten anderen Demonstranten will sie die Zufahrt zum Zwischenlager versperren - dort wo die Behälter mit dem stark strahlenden Müll nach rund 1000 Kilometern Fahrt gelagert werden.
Einige Kilometer entfernt mitten im Wald geht es nicht mehr friedlich zu. Stunden vor dem erwarteten Eintreffen des Atommüll- Zuges aus Frankreich im Wendland kommt es zu gewalttätigen Ausschreitungen. Rund 700 Atomkraftgegner haben sich trotz eines Versammlungsverbotes an mehreren Stellen auf Feldwegen bis zu den Bahngleisen durchgeschlagen. Zwischen Dahlenburg und Dannenberg (Niedersachsen) blockieren sie mir brennenden Strohballen und Baumstämmen die Bahnstrecke. Einige versuchten auch, die Bahnschienen zu beschädigen. Polizisten seien mit Silvesterknallern und -raketen beschossen worden, daraufhin seien Schlagstöcke eingesetzt worden, erklärte die Polizei. Nach Angaben der Demonstranten gab es dabei mehrere Verletzte. Wasserwerfer sind im Einsatz, um Feuer auf den Schienen zu löschen.
Die Einsatzkräfte - in Niedersachsen sind es insgesamt mehr als 10.000 während des Atommüll-Transportes - sind noch auf weitere solcher Störaktionen eingestellt. Die heiße Phase der Proteste steht traditionell dann bevor, wenn der Zug die Verladestation in Dannenberg erreicht hat und für die Weiterfahrt auf der Straße bis nach Gorleben vorbereitet wird.
Auch Demonstranten haben das Aufeinandertreffen mit den Einsatzkräften in Trainingskursen vorher durchgespielt. "Man lernt, wie man ohne blaue Flecken auskommt", sagt ein junger Mann, der auf einem Strohballen vor dem Zwischenlager in dem kleinen Dorf Gorleben auf der Straße sitzt. Wie die meisten will er den Platz nicht freiwillig räumen und sich notfalls von der Polizei wegtragen lassen. Auch vier Mitglieder der Umweltschutzorganisation Robin Wood, die sich in luftiger Höhe an einem Seil über der Zufahrtsstraße zum Zwischenlager befestigt haben, wollen Durchhaltewillen zeigen.
Einige Polizisten werden ungeduldig
Wann sich der Transport seinem Ziel im Wendland nähert, bleibt zunächst ungewiss - vor allem wegen einer etwa zwölfstündigen Verzögerung nach einer Gleisblockade in der Südpfalz. Mancher der Polizisten, die zur Sicherung der Strecke überall postiert sind, wird da ein wenig ungeduldig und hofft auf ein schnelles Ende des Einsatzes am Montag. "Ich will am Dienstag zum Laternenumzug mit meinen Kindern", sagt ein Beamter ein wenig genervt.