Ein hämischer Kommentar, ein empfindlicher Politiker und ein Ausraster am Rednerpult - die Wutrede des Christian Lindner hat alles, was ein Netzhit braucht. Eigentlich wollte der FDP-Vorsitzende im NRW-Landtag eine Rede über Unternehmensgründungen halten. Doch dann grätschte der SPD-Politiker Volker Münchow dazwischen und verspottete den liberalen Leader. Lindner habe ja mit dem Thema Gründungen so seine Erfahrungen gemacht, kommentierte Münchow süffisant und spielte damit auf Lindners eigene gescheiterte Unternehmensgründung an. Da platzte dem FDP-Chef der Kragen. Vor versammeltem Plenum ließ er über dem Kopf des Sozialdemokraten eine wahre Wuttirade niedergehen.
"Ach, gucken sie mal da", legte Lindner los und wendete sich dabei an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Gerade habe sie noch selbst gefordert, das "Scheitern von Pionieren nicht ein Leben lang biografisch als Stigma zu verwenden". Aber mit seinem "dämlichen Zwischenruf" habe ihr Parteikollege Münchow eben dies gerade getan und die Forderung der Regierungschefin damit zunichte gemacht. "Da haben Sie einen in Ihren eigenen Reihen, der nicht zuhört, was Sie machen", polterte Lindner.
Aufgrund solcher Einstellungen, würden die Menschen in Deutschland vor Neugründungen zurückschrecken. Denn wenn man Erfolg hätte, geriete man in das Visier der sozialdemokratischen Umverteiler. Scheitere man, seien hingegen Spott und Häme sicher. Dass die Kritik ausgerechnet von Sozialdemokraten kommt, die "das ganze Leben im Staat gearbeitet oder vom Staat gelebt haben", ließ Lindner ganz besonders in Rage geraten.
Mit einem wütenden Seitenhieb Richtung Münchow schloss der 36-Jährige seine Wutrede. "Herr Kollege, mit mir können Sie das ja machen. Ich bin FDP-Vorsitzender, ich bin andere Anwürfe gewohnt. Aber welchen Eindruck macht so ein dümmlicher Zwischenruf wie Ihrer auf irgendeinen gründungswilligen jungen Menschen?", fragte er. Schließlich musste Lindner aber über sich selbst lachen. Er senkte den Blick, knöpfte sein Jackett zu und sagte: "So, das hat Spaß gemacht." Der Plenarsaal applaudierte.
Beifall für rhetorische Sternstunden
Der Zwischenfall im nordrhein-westfälischen Landtag ereignete sich bereits am vergangenen Donnerstag. Am Wochenende verbreitete sich der Videoclip aber rasant in den sozialen Netzwerken. Tausendfach wurde er auf Facebook und auf Twitter geteilt. Die Netzgemeinde ist von Linders Wutrede begeistert.
Und Lindner bedankte sich via Twitter artig bei seinen Fans und Unterstützern.