Vor Ablauf eines Ultimatums der Entführer der im Irak lebenden Deutschen Hannelore Marianne K. und ihres Sohnes hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Eingehen auf die Forderungen der Kidnapper erneut zurückgewiesen. "Wir können uns nicht erpressen lassen von Leuten, die so Schreckliches mit anderen Menschen machen", sagte Merkel am Montagabend nach einem Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi in Rom. Die Entführer der Deutschen hatten einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan gefordert und mit der Ermordung ihrer Geiseln gedroht. Das zehntägige Ultimatum für den Beginn des Bundeswehrabzugs läuft heute ab.
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte heute, der Krisenstab setze seine Bemühungen um die Freilassung der im Irak lebenden Deutschen intensiv fort. Weitere Informationen gab es nicht. Bei ihrem Besuch in Rom drückte Merkel ihrem italienischen Gastgeber zugleich ihre Freude über die Freilassung des in Afghanistan entführten Journalisten Daniele Mastrogiacomo aus. Der Italiener war gestern nach rund zwei Wochen in den Händen von Taliban-Kämpfern freigekommen.
Irakischer Vizepräsident meldet sich zu Wort
Gestern hatte auch der irakische Vizepräsident Tarek al-Haschimi die Entführer der beiden deutschen Geiseln aufgefordert, diese sobald als möglich freizulassen. In der Erklärung Al-Haschimis hieß es: Wenn die Iraker dagegen seien, dass die Amerikaner irakische Frauen unrechtmäßig festnähmen, "wie können wir da selbst ein derartiges Benehmen (der Geiselnehmer) tolerieren?"
Eine bislang unbekannte Gruppe, die sich "Brigade der Pfeile der Rechtschaffenheit" nennt, hatte vor sechs Wochen in Bagdad die 61 Jahre alte Deutsche, die mit einem Iraker verheiratet ist, und ihren Sohn verschleppt. Vergangene Woche tauchten dann zwei Video- Botschaften der Entführer auf, in denen die Entführer mit der Tötung der Geiseln drohten, falls die Bundeswehr sich nicht aus Afghanistan zurückziehe.
"Sympathien nicht verspielen"
Der Vizepräsident sagte, "die Deutschen sympathisieren generell mit dem irakischen Volk". Diese Sympathie solle man nicht durch die Entführung unschuldiger Menschen verspielen. "Zivilisten müssen nicht das Gewicht der Politik ihrer Regierungen tragen, ob diese nun richtig oder falsch ist", fügte er hinzu.
Da sich die Geiselnehmer zuerst an die Verwandten der Entführten gewandt hatten, wird vermutet, dass es diesen um Lösegeld geht, die politischen Forderungen also nur vorgeschoben sind. Auch Bundespräsident Horst Köhler und islamische Gruppen in Deutschland hatten sich bereits für die Freilassung der Geiseln eingesetzt.