Schlag 12 - der Mittagskommentar aus Berlin Der Bundesverkehrsverschaukler

Die Maut wird nur bei ihrer Einführung durch sinkende Kfz-Steuern kompensiert. Das ist rechtlich notwendig - und politisch eine Sauerei.

Auch so eine Gebetsmühle gerät mal ins Stottern. Seit einem Jahr predigt sie flüssig diesen einen Satz: Die Maut wird keinen deutschen Autofahrer zusätzlich belasten. Jetzt rütteln alle an der Gebetsmühle, weil die plötzlich ihr Mantra - sagen wir mal - variiert. "Künftige Änderungen der Infrastrukturabgabe erfolgen losgelöst von der Kraftfahrzeugsteuer", surrt es nun umständlich aus einem Referentenentwurf des Finanzministeriums. Im Klartext: Am Arsch die Räuber! Die geplante Maut könnte nämlich sehr wohl auch deutsche Autofahrer belasten, zumindest längerfristig. Denn nur zu ihrer - hoffentlich nie stattfindenden - Einführung soll sie vollständig mit der Kraftfahrzeugsteuer verrechnet werden. Danach gilt: Steigt die Maut, sinkt nicht automatisch die Kfz-Steuer.

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass der Verkehrsminister alsbald erkennen würde, dass die erwarteten Maut-Einnahmen von 500 Millionen Euro eher nicht reichen, um die marode deutsche Infrastruktur zu sanieren. Allein die neue Rheinbrücke bei Leverkusen verschlingt diese Summe. Es ist also ziemlich wahrscheinlich, dass der Verkehrsminister die Maut alsbald erhöhen würde. Und es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass die Kfz-Steuern dann in gleichem Maße sinken würden.

Dobrindt hat sich verheddert

Kleine Erinnerung: "Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben", hat Kanzlerin Merkel im TV-Duell versprochen - und nachgeschoben: "Mit mir wird es eine Maut für Autofahrer im Inland nicht geben." Zahlen sollten ja nur Ausländer, die sich erfrechen, kostenlos unsere schönen deutschen Straßen zu benutzen. In diesem Sinne bastelt Verkehrsminister Dobrindt von der CSU seit einem knappen Jahr an einem Ungetüm, das allen Ansprüchen gerecht werden soll: dem Versprechen Seehofers, Ausländer künftig zur Kassen zu bitten, dem Versprechen des Koalitionsvertrages, eine Mehrbelastung der Bürger auszuschließen - und dem Versprechen Europas, alle EU-Bürger gleich zu behandeln.

In diesem Gestrüpp hat sich Dobrindt nun schwer verheddert. Längst steht fest: Mit dem deutschen Maut-Modell soll einer verschaukelt werden: Brüssel oder Bürger. Den Bürgern hat er ausgerichtet, er bastele zwar an einer Maut, aber die - zwinker, zwinker - müssten allein Ausländer zahlen. Brüssel versucht er vorzugaukeln: Maut und Kfz-Steuer seien doch - zwinker, zwinker - zwei völlig unabhängige Systeme, die nichts miteinander zu tun hätten.

Das neue Mantra

Es ist ziemlich vorhersehbar, wer sich eher verschaukeln lässt. Wenn es europarechtlich kein Junktim zwischen Maut und Kfz-Steuer geben darf, dann darf Dobrindt es auch nicht versprechen.

Seine Gebetsmühle braucht spätestens jetzt ein neues Mantra. Es sollte ein ehrliches sein: Wenn unsere Straßen und Brücken kaputt sind, werden wir die Reparatur bezahlen müssen. Wir Deutschen. Wer sonst?

Jan Rosenkranz kommt meistens mit dem Fahrrad ins Berliner stern-Büro. Auf Twitter können Sie ihm unter @rosenkranzjan folgen.

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