Staatsbürgerschaftsrecht Nancy Faeser will die Einbürgerung reformieren. Wie der Weg zum deutschen Pass einfacher werden soll

Einbürgerungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland
Einbürgerungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland
© Peer Grimm / zb / DPA
Wer nach Deutschland kommt, soll künftig schneller eingebürgert werden. So sieht es ein Entwurf der Innenministerin vor. Die wichtigsten Eckpunkte im Überblick.

Die Koalition hat sich auf die Grundzüge eines neuen Staatsangehörigkeitsrechts geeinigt. Der am Freitag vom Bundesinnenministerium veröffentlichte Referentenentwurf sieht eine Reihe weitreichender Änderungen vor: Einbürgerungen sollen vereinfacht werden und doppelte Staatsbürgerschaften sollen grundsätzlich möglich sein. Erschwert werden soll die Einbürgerung von Menschen, die nicht für den eigenen Lebensunterhalt aufkommen können oder die in Deutschland bereits straffällig geworden sind.

Bei dem Entwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) handle es sich um die "finale Einigung" der Ampel-Partner, hieß es aus Koalitionskreisen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Im weiteren parlamentarischen Verfahren und der Verbändeanhörung könnten sich aber noch kleinere Änderungen ergeben. 

Ministerin Faeser erklärte am Freitag: "Wir vollziehen den lange überfälligen Paradigmenwechsel und lassen die Mehrstaatigkeit zu." Zugewanderte würden mit der Reform nicht mehr gezwungen, "einen Teil ihrer Identität aufzugeben". Die Union kritisierte die Pläne hingegen als "falsches Signal".

Die wichtigsten Grundsätze:

Kürzere Einbürgerungsfrist

Menschen aus dem Ausland, die schon lange legal in Deutschland leben, sollen schneller zu Staatsbürgern werden können. Bislang konnten sie sich frühestens nach acht Jahren Aufenthalt für einen deutschen Pass bewerben. Künftig sollen sie die Staatsbürgerschaft schon nach fünf Jahren beantragen können – und in Ausnahmefällen bereits nach drei Jahren, wenn "besondere Integrationsleistungen" vorliegen. Dies können etwa gute Sprachkenntnissen, ehrenamtliches Engagement oder sehr gute Leistungen in Schule oder Beruf sein.

Doppelte Staatsbürgerschaft wird möglich

Bislang galt – bis auf wenige Ausnahmen – das Prinzip: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft annimmt, muss die alte Staatsbürgerschaft ablegen. Künftig soll Mehrstaatigkeit grundsätzlich möglich sein. Der Entwurf verweist darauf, dass viele Zugewanderte bislang vor dem Verzicht auf die alte Staatsbürgerschaft zurückscheuen – auch wegen emotionaler Verbundenheit zu ihrem Herkunftsland beziehungsweise dem ihrer Eltern.

Deutsche Staasbürgerschaft für in Deutschland Geborene

Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern sollen künftig ohne weiteren Vorbehalt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt. Bislang lag die Frist bei acht Jahren. Prinzipiell können in Deutschland geborene Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit und die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern erhalten und dauerhaft behalten.

Erleichterungen ehemalige Gastarbeiter

Besondere Erleichterungen sollen für Angehörige der sogenannten Gastarbeitergeneration gelten, die oft schon Jahrzehnte in Deutschland leben. Diese älteren Migrantinnen und Migranten sollen künftig keinen schriftlichen Deutsch-Test mehr machen müssen, um eingebürgert zu werden. Der Nachweis mündlicher Sprachkenntnisse soll reichen. Auch sollen sie keinen schriftlichen Einbürgerungstest mehr machen müssen. Mit diesen Erleichterungen soll die "Lebensleistung" dieser älteren Generation gewürdigt werden, heißt es in dem Entwurf. Sie gelten für Menschen, die vor Juni 1974 in die Bundesrepublik gekommen sind.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Auskunft über Straftaten

Das auch bisher schon verlangte Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung wird präzisiert. Der Entwurf stellt klar, dass "antisemitisch, rassistisch, fremdenfeindlich oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen" mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind. Neu eingeführt wird mit der geplanten Reform eine "Übermittlungsregelung": Die Staatsanwaltschaften müssen der Einbürgerungsbehörde auf Anfrage mitteilen, ob ein Antragsstellung wegen einschlägigen Straftaten schon einmal verurteilt wurde.

Union lehnt Entwurf ab

Bei dem nun vorgelegten Referentenentwurf handelt es sich um eine "finale Einigung" der Ampel-Partner, wie am Freitag aus Koalitionskreisen verlautete. Im weiteren parlamentarischen Verfahren und der Verbändeanhörung könnten sich aber noch kleinere Änderungen ergeben. Die CDU/CSU lehnt das Vorhaben strikt ab. Die Unterstützung der Union würde allerdings nicht benötigt werden, sofern dass Gesetz so gestaltet wird, dass es im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig ist.

Doppelpass längst Normalfall

Der Entwurf beziffert die Zahl der Menschen, die Ende 2021 mit ausländischer Staatsbürgerschaft in Deutschland lebten, auf rund 10,7 Millionen. Von diesen halten sich demnach rund 5,7 Millionen seit mindestens zehn Jahren in Deutschland auf. Der Vorlage zufolge ist außerdem der Doppel-Pass in der Praxis in Deutschland längst zum Normalfall geworden: Von den Menschen, die im Jahr 2021 eingebürgert wurden, hätten 69 Prozent noch mindestens eine weitere Staatsbürgerschaft.

AFP
Benno König / Peter Wütherich / cl