Energiepolitik Regierungsberater sind gegen längere Akw-Laufzeiten

Gegen die schwarz-gelben Pläne längerer Atommeiler- Laufzeiten machen jetzt auch wissenschaftliche Umweltberater der Bundesregierung Front. Für "eine sichere, bezahlbare und klimaverträgliche" Energieerzeugung sollte die Regierung allein auf den Ausbau von Ökostrom setzen.

Ein ranghohes Beratergremium hat der Energiepolitik der Bundesregierung mit der geplanten Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung für Umweltfragen (SRU) erklärte am Mittwoch in Berlin, Deutschland könne auch ohne Laufzeitverlängerung im Jahr 2050 zu hundert Prozent klimaschonend mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden.

Die SRU-Experten stellten im Umweltausschuss des Bundestags Szenarien für eine regenerative Stromversorgung vor. Der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Martin Faulstich, erklärte, eine Laufzeitverlängerung sei unnötig, um Deutschland bis 2050 komplett mit Strom aus umweltfreundlichen Quellen wie Wind und Sonne zu versorgen. Der SRU-Energieexperte Olav Hohmeyer erteilte besonders dem Vorhaben der Bundesregierung aus Union und FDP eine Absage, die Akw-Laufzeiten als "Brücke" in das Zeitalter der erneuerbaren Energien zu verlängern. Für die Übergangszeit seien weder Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke noch neue Kohlekraftwerke erforderlich.

Laut SRU ist die komplette Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen bis 2050 zu wettbewerbsfähigen Kosten möglich. Die Experten stützen ihre Szenarien auf Modellberechnungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Sie gehen davon aus, dass in Europa das nutzbare Potenzial an erneuerbaren Energien "den heutigen und auch den zukünftigen Strombedarf um ein Vielfaches" übersteigt. Die Sachverständigen erwarten zudem, dass bei einer Umstellung auf Strom aus erneuerbaren Quellen die Kosten für die Verbraucher sinken. Dafür müsse die Politik auf "stringente Effizienz und Einsparung sowie einen europäischen Verbund" setzen. Der SRU berät die Bundesregierung seit 1971 in der Umweltpolitik.

Die Opposition forderte nach dem Urteil der Sachverständigen eine Änderung der Energiepolitik. Die Einlassungen des Sachverständigenrats seien "eine deutliche Klatsche für Schwarz-Gelb", erklärte die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth. Die Experten hätten klar gemacht, dass der "Atomkurs" der Regierung jeglicher Grundlage entbehre. Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, warf der Bundesregierung vor, sich von Lobbyisten der Energiekonzerne unter Druck setzen zu lassen.

Der FDP-Obmann im Umweltausschuss, Horst Meierhofer, reagierte indes befremdet auf die Äußerungen der Sachverständigen. Es sei merkwürdig, dass wenige Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen eine Studie öffentlich gemacht werde, die noch gar nicht fertig sei und deren Ergebnisse von anderen Experten angezweifelt würden.

DPA
AFP/DPA