Entschädigung "La Belle"-Opfer erhalten 35 Millionen Dollar

Die Opfer des Anschlags auf die Berliner Diskothek "La Belle" von 1986 können nun endlich mit einer Entschädigung rechnen. Die fällt allerdings niedriger aus als erhofft.

18 Jahre nach dem Bombenanschlag auf die Berliner Discothek "La Belle" bekommen deutsche Opfer insgesamt 35 Millionen US-Dollar Entschädigung von Libyen. Darauf einigten sich die libysche Gaddafi-Stiftung und deutsche Opfer-Anwälte nach monatelangen Verhandlungen in Berlin, teilten die Bundesregierung sowie Opferanwälte mit. Mit der Summe werden mehr als 160 Opfer entschädigt. Nach der Einigung plant Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nun eine Reise in das nordafrikanische Land.

Mit der Einigung dürfte der Weg für die Normalisierung der Beziehung Libyens zur Europäischen Union frei sein. Schröder habe eine schriftliche Einladung des libyschen Revolutionsführers Muammar el Gaddafi angenommen, erklärte Regierungssprecher Béla Anda. Über den Termin wollten beide Seiten «umgehend» Gespräche aufnehmen. Der libysche Botschafter Said Abdulaati sagte der dpa, die Einigung sei ein sehr guter Schritt für die deutsch-libyschen Beziehungen.

Geschäftskontakte sollen intensiviert werden

Libyen strebt eine Aufnahme in die Mittelmeer-Partnerschaft der EU an. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hatte eine "La Belle"-Entschädigung als Voraussetzung für den Beitritt bezeichnet. Die deutsche Wirtschaft will ihre Geschäftskontakte zu dem Staat mit reichen Öl- und Erdgasvorkommen nun rasch ausbauen.

Modernisierungshilfe für libysche Wirtschaft

Die von libyscher Seite zugesagte zügige Abwicklung der Zahlungen ermögliche den "weiteren Ausbau und die Verstärkung der deutsch-libyschen Beziehungen", erklärte Anda. Die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft seien bereit, Libyen bei der Modernisierung seiner Wirtschaft zu unterstützen. Ende November solle in der libyschen Hauptstadt Tripolis ein Deutsch-Libysches Wirtschaftsforum stattfinden.

Bei dem Anschlag auf die bei US-Soldaten beliebte Discothek waren 1986 drei Menschen getötet und 200 verletzt worden. Die Täter wurden 15 Jahre später vom Berliner Landgericht zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Gericht machte Libyens Geheimdienst für die Tat mitverantwortlich. Der Bundesgerichtshof hatte erst im Juni die Urteile als rechtskräftig bestätigt.

Nur die Hälfte der geforderten Summe

Die Höhe der geplanten Entschädigung liegt weit unter den ursprünglichen Forderungen der Anwälte. Diese hatten zunächst jeweils 600.000 Dollar für elf Schwerstverletzte sowie je 400.000 Dollar für mehr als 150 Verletzte verlangt. Die Summe entsprach mehr als 67 Millionen Dollar und war damit knapp doppelt so hoch wie nun ausgehandelt.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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"Fairer Kompromiss

Die Opferanwälte zeigten sich dennoch zufrieden. "Das, was erreichbar war, ist erreicht worden", sagte Anwalt Stephan Maigné der dpa. Anwalt Ulrich von Jeinsen sprach von einem "fairen Kompromiss". Nach Angaben der Anwälte sollen elf Schwerstverletzte jeweils 350.000 Dollar erhalten, die anderen Opfer jeweils knapp 190.000 Dollar. Die Hinterbliebenen einer bei dem Anschlag getöteten Türkin bekommen eine Million Dollar. Zudem werden laut Jeinsen für den in der Discothek entstandenen Sachschaden 700.000 Dollar gezahlt. Die amerikanischen Opfer verhandelten noch separat mit der libyschen Seite. Der am Dienstag unterschriebene Vorvertrag der deutschen Anwälte mit der Stiftung soll am 3. September offiziell unterzeichnet werden.

In den Beziehungen Libyens zu europäischen Staaten und den USA stehen die Zeichen seit längerem auf Entspannung. Schon im August 2003 hatte Tripolis ein Abkommen für die Entschädigung der Lockerbie-Opfer unterzeichnet. 1988 waren bei der Explosion eines US-Flugzeuges über der schottischen Ortschaft 270 Menschen getötet worden. Im Januar dieses Jahres sagte Libyen auch die Entschädigung für die Opfer des Anschlages auf ein französisches Passierflugzeug 1989 in Niger zu, bei dem 170 Menschen getötet worden waren. Gaddafi hat sich öffentlich von Terrorismus und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen losgesagt.

DPA
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