EU-Parlament Welche Aufgaben und Rechte das EU-Parlament hat

Die Entscheidungen des EU-Parlaments haben einen direkten Einfluss auf das Leben der EU-Bürger. Aus dem "zahnlosen Tiger" ist längst eine einflussreiche Institution geworden, die bei den meisten Richtlinien mitentscheidet.

Das Europäische Parlament galt lange als Abschiebebahnhof für Politiker aus der zweiten Reihe. Aus dem "zahnlosen Tiger" ist aber längst eine einflussreiche Institution mit Mitentscheidungsrecht bei rund 80 Prozent der EU-Richtlinien geworden. Damit haben die Entscheidungen der Abgeordneten aus den 25 Mitgliedsländern auch einen direkten Einfluss auf das tägliche Leben der EU-Bürger.

Gesetzgebungsrecht soll ausgedehnt werden

Gleichberechtigt mit dem EU-Ministerrat entscheidet das Europaparlament über wichtige Themen wie die Verkehrs-, Sozial- und Entwicklungspolitik, den Verbraucher- und Umweltschutz, den Binnenmarkt, Forschung und Entwicklung oder Bildung und Kultur. Nach dem Entwurf zur EU-Verfassung soll das Gesetzgebungsrecht des Parlamentes von derzeit 40 auf 80 Bereiche ausgedehnt werden. Damit hätten die Abgeordneten auch ein Mitentscheidungsrecht bei Themen wie Asyl, Einwanderung, Grenzkontrollen oder Zivilschutz. Ausgenommen bleiben sensible Bereiche wie das Steuerrecht, Teile der Sozialpolitik und die Außen- und Verteidigungspolitik.

Das Europäische Parlament mit Sitz in Straßburg muss der Ernennung der EU-Kommissare zustimmen und kann die Kommission mit einem Misstrauensvotum zu Fall bringen. Das Parlament verabschiedet den Gemeinschaftshaushalt, hat allerdings bei den wichtigen Agrarausgaben kein Mitspracherecht. Hier hat der Rat das letzte Wort. Dennoch treffen die Abgeordneten die letzte Entscheidung bei rund 55 Prozent der EU-Ausgaben und setzen damit politische Prioritäten. Diese Ausgaben fließen in den Sozial- und Regionalfonds sowie in die Bereiche Energie, Forschung, Verkehr, Entwicklungshilfe, Umwelt, Bildung und Kultur.

Im Europaparlament gibt es keinen Fraktionszwang. Mehrheiten bilden sich oft parteibergreifend, nicht selten nach dem Gesichtspunkt einer mehr oder weniger starken europäischen Integration. Auf diesem Gebiet gibt es unter den deutschen Kandidaten für Straßburg die allergrößte Koalition: Alle gelten als Anhänger einer noch engeren Zusammenarbeit der EU-Länder.

732 Abgeordnete für 455 Millionen EU-Bürger

Wie die Europäische Union wird auch ihr Parlament größer und vielfältiger. Mehr Dolmetscher sollen bei der Überwindung der neuen Sprachbarrieren helfen. Die Zahl der Abgeordneten aus den 15 alten Ländern schrumpft von bislang 626 auf 570, aus den zehn neuen EU-Ländern kommen 162 Parlamentarier. Die 732 Abgeordneten vertreten die Interessen von 455 Millionen Menschen vom Polarkreis bis zum östlichen Mittelmeer. Jedes Land erhält so viele Sitze, wie 2003 im Vertrag von Nizza festgelegt.

Deutschland hat mit nach wie vor 99 Abgeordneten die meisten Mandatsträger. Das kleinste Kontingent von nur fünf Parlamentariern entsendet Malta. Für das frühere Schlusslicht Luxemburg bleibt es bei sechs Mandaten. Alle anderen alten Länder verlieren Sitze.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Mit den zehn neuen EU-Ländern steigt die Zahl der Amtssprachen von 11 auf 20. Aus 110 möglichen Übersetzungskombinationen werden 380. Im Sprachdienst des Europaparlaments sind für das laufende Jahr 1278 Stellen vorgesehen. Davon sind etwa ein Drittel für die neuen EU- Sprachen reserviert.

342,3 Millionen Wahlberechtigte in der neuen EU

Im Jahr 1999 waren in der EU-15 rund 289,1 Millionen Menschen wahlberechtigt, in der neuen EU-25 sind es 342,3 Millionen. Fast 6,5 Millionen Wahlberechtigte wohnen nicht in ihrer Heimat, sondern im EU-Ausland. Dort können sie unter den gleichen Bedingungen wie die Einheimischen wählen und mitentscheiden, wie ihr Gastland in Straßburg vertreten wird. 1999 konnten EU-Bürger in Deutschland nur auf Antrag von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Jetzt erhalten sie wie alle anderen von Amts wegen eine Wahlbenachrichtigung.

AP · DPA
DPA/AP