FDP-Parteitag Viel Beifall aber keine Euphorie nach Röslers Rede

Es sollte die Rede sein, die die Wende für die am Boden liegende FDP bringt. Doch viel Neues kann Philipp Rösler nicht verkünden. Umso intensiver appelliert er an den liberalen Kampfgeist.

Philipp Rösler zeichnet das Bild eines am Boden liegenden Boxers, als er über den Zustand seiner Liberalen spricht. Und er versucht sie aufzurütteln. Wer liegen bleibe, werde an- und letztlich ausgezählt. "Wir bleiben niemals liegen, wir stehen auf (...) - jetzt erst recht", ruft er am Samstag den rund 660 Delegierten des FDP-Sonderparteitages in Frankfurt am Schluss seiner Grundsatzrede zu.

Eine Stunde spricht Rösler in der Messehalle 1 zu den Delegierten, ohne inhaltlich viel Neues zu sagen. Er versucht, sich gegen Koalitionspartner und politische Gegner abzugrenzen. Die CDU erinnert er daran, dass ein Mindestlohn im Koalitionsvertrag nicht vereinbart ist. Ein "flächendeckender, allgemeiner Mindestlohn" sei mit der FDP nicht zu machen. Das ist auch an die Adresse von Kanzlerin Angela Merkel und den CDU-Parteitag am Montag und Dienstag in Leipzig gerichtet, wo über einen Mindestlohn beraten werden soll.

In der obligatorischen Abgrenzung zum politischen Gegner versucht Rösler, sein Softie-Image zu korrigieren. Den Grünen hält er vor, wie ihre Kollegen in den Niederlanden wohl bald eine Fettsteuer erheben zu wollen. Und fügt dann hinzu: "Kein Wunder, dass sich Sigmar Gabriel immer mehr von den Grünen distanziert." Über die Linke Sahra Wagenknecht sagt er: "Die sieht gar nicht so gut aus. Hat ganz kleine Augen. Ich kenn' mich damit aus." Doch die Angriffe des gebürtigen Vietnamesen kommen nicht bei allen Parteitagsteilnehmern gut an.

Rösler nennt keine konkreten neuen Maßnahmen

Auch ein bisschen Selbstkritik bietet Rösler an. Die Liberalen müssten sich wieder auf die soziale Marktwirtschaft besinnen und sie zu ihrer Leitlinie machen. Und dafür reiche es allein nicht aus, Steuersenkungen zu fordern. Dann verteidigt er den Koalitionskompromiss vom vergangenen Sonntag, ohne jedoch auf die von der CSU verabreichte bittere Pille des Betreuungsgeldes einzugehen.

Bis auf den Widerstand gegen einen Mindestlohn nennt Rösler keine neuen konkreten Maßnahmen, mit denen sich die Liberalen auch gegen den Koalitionspartner, insbesondere die CSU, profilieren könnten. Aber er streichelt intensiv die liberale Seele, mit viel Pathos in der Stimme. "Wir kämpfen jetzt für unsere liberale Heimat."

Der junge FDP-Chef lobt die im Parteitagspräsidium sitzenden Funktionsträger und ihre Arbeit im Bundeskabinett und in der Fraktion. Seinen Generalsekretär Christian Lindner erwähnt er dabei nicht. Nur eine Nachlässigkeit? Das Präsidium der Partei sei geschlossen, sagt Rösler und will wohl demonstrieren, dass die Scharten, die das Stühlerücken an der Parteispitze im Mai hinterlassen haben, ausgewetzt sind.

Keine Euphorie im Saal

Rösler erhält während und am Schluss seiner Rede viel Applaus. Der Beifall signalisiert wohl den Willen der Delegierten, die Aufforderung zum Kämpfen annehmen und die Parteispitze dabei unterstützen zu wollen. Doch Euphorie, wie vor einem halben Jahr bei seiner Wahl in Rostock, bleibt aus. Nichts, was darauf hinweisen würde, dass Rösler mit der Rede eine Wende gelungen wäre.

Wie man einen Parteitag mitreißt, machte ihm dann sein Vorgänger Guido Westerwelle vor. In der Aussprache zu Röslers Rede erntet der Außenminister mit scharfen Angriffen gegen die Position des Euro-Rebellen Frank Schäffler stürmischen Beifall.

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Ruppert Mayr und André Stahl, dpa