Finanzpolitik Eichels Haushaltsentwurf unter Beschuss

Bundesfinanzminister Eichel verteidigt seinen Bundeshaushalt 2004 gegen Angriffe von Opposition und Gewerkschaften. "Nicht solide kalkuliert", lautet ein Vorwurf.

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat in der ZDF-Sendung "Berlin Mitte" den Bundeshaushalt 2004 verteidigt. Zwar sei es kein ausgeglichener Haushalt, aber er halte sich "im Rahmen der Verfassung", betonte Eichel . Im Hinblick auf seine Tragfähigkeit, sagte Eichel: "Er steht dann, wenn wir im nächsten Jahr zwei Prozent Wachstum haben." Das Kabinett habe mit der Agenda 2010 und dem Haushalt 2004 die Grundlage für mehr Wachstum geschaffen, meinte Eichel. "Das darf nicht ein Haushalt der Mutlosigkeit sein", so Eichel. Die Diskussion um Deflation hält Eichel für falsch, sie sei "sachlich nicht berechtigt" und "nicht angemessen". "Was uns drohen kann ist, dass wir eine längere Stagnationsphase haben", sagte Eichel.

"Haushalt ist auf Sand gebaut"

Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) warf Eichel vor, der Haushalt sei nicht solide kalkuliert: "Ihr Haushalt ist auf Sand gebaut", meinte Milbradt. "Ich bin der festen Überzeugung, schon im Herbst sieht Ihr Haushalt ganz anders aus". Die Prognosen Eichels seien in den vergangenen Jahren "allenfalls ein viertel Jahr wert" gewesen, sagte Milbradt.

"Das schlägt dem Fass den Boden aus"

Der CDU-Sozialpolitiker Andreas Storm hat die Sparpläne der rot-grünen Bundesregierung bei den Rentnern scharf kritisiert. Wenn Finanzminister Hans Eichel (SPD) entscheide, "ob es eine Rentenerhöhung gibt oder nicht, dann schlägt das dem Fass den Boden aus", sagte Storm im ZDF-"Morgenmagazin". "Das bedeutet Rente nach Kassenlage und das bedeutet, dass sowohl Rentner als auch Beitragszahler sich nicht mehr darauf verlassen können, dass ihre Rente unabhängig ist von politischen Eingriffen." Mit der Union könne nur über eine neue Rentenformel, aber nicht über eine "Rente nach Kassenlage" gesprochen werden, sagte Storm.

CDA wirft Eichel dreifachen Betrug vor

Der CDU-Arbeitnehmerflügel hat Eichel einen dreifachen Betrug an Arbeitnehmern, Rentnern und Bauherren vorgeworfen. Die rot-grüne Koalition kassiere nur noch bei denen ab, "die sie für wehrlos halten", erklärte der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Hermann-Josef Arentz, in Berlin. Die im Haushaltsentwurf vorgesehene Nullrunde und die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge für Rentner sei der endgültige Beweis, dass Rot-Grün alle ihr Wahlversprechen breche.

Die Begrenzung der Entfernungspauschale sei eine "brutale Steuererhöhung für die Arbeitnehmer. Sie bedeutet eine Mehrbelastung von ca. 1200 Euro pro Jahr", sagte das CDU-Präsidiumsmitglied Arentz. So lange Freiberufler ihre Fahrten zur Arbeitsstätte abziehen könnten, müssten auch Arbeitnehmer ihre Belastungen steuerlich geltend machen können.

Zudem legten Sozialdemokraten und Grüne mit der Abschaffung der Eigenheimzulage die Axt an die Vermögensbildung von Familien."Vor allem Kinderreiche, die auf die eigenen vier Wände angewiesen sind, werden von Eichel mal wieder ins Abseits gestellt", kritisierte Arentz. Er forderte die SPD auf, konsequenter Weise das Wort "sozial" aus ihrem Parteinamen zu streichen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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IG BAU: "Wird 60.000 Jobs vernichten"

Die von der Bundesregierung angekündigte Streichung der Eigenheimzulage wird nach Berechnungen der Gewerkschaft IG BAU mindestens 60.000 bis 80.000 Bauarbeitern den Job kosten. Hinzu käme ein Stellenabbau in vor- und nachgelagerten Bereichen, warnte IG-BAU-Chef Klaus Wiesehügel in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Eigenheimzulage dürfe höchstens um ein Drittel von jetzt zehn auf sechs bis sieben Milliarden Euro gekürzt werden, sagte der Gewerkschaftschef. Weitere Jobverluste drohten durch die Abschaffung der Wohnungsbauprämie.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) lehnte die komplette Streichung der Eigenheimzulage ebenfalls als unverantwortlich ab - "und deshalb wird die Union sie stoppen". Weiter sagte Koch der Zeitung "Die Welt", über die machbaren linearen Kürzungen hinaus wäre es falsch, "einzelne Subventionen herauszupicken".

"Kahlschlagpolitik beim Bau hilft Eichel nicht"

Wiesehügel warnte, die geplanten Streichungen würden die Bauwirtschaft zusätzlich in den Ruin treiben und bedeuteten das "Aus für den Eigenheimbau von Klein- und Normalverdienern". Offenbar erwarte die rot-grüne Bundesregierung bei der Baubrache nur wenig Widerstand und setze dort "den Rotstift besonders radikal an", kritisierte der Gewerkschafter. Dabei helfe eine "Kahlschlagpolitik beim Bau" nicht einmal dem Finanzminister. "Denn wenn die Bauwirtschaft zusammenbricht und die Arbeitslosigkeit steigt, wird das für Hans Eichel teurer als die bisherige Eigenheimzulage", warnte Wiesehügel.

Der IG-BAU-Chef schlug vor, die Eigenheimzulage auf Familien mit Kindern und auf Ballungsgebiete zu konzentrieren und regional zu differenzieren. Sie dürfe aber höchstens um ein Drittel von jetzt zehn auf sechs bis sieben Milliarden Euro gekürzt werden. Grundsätzlich könne man die Förderhöhe entsprechend der sechs Mietstufen des Wohngeldgesetzes differenzieren: Je höher die Mietstufe, umso höher ist auch die Eigenheimzulage. Denn hohe Mieten signalisierten überall Wohnungsknappheit und große Nachfrage. Wiesehügel appellierte eindringlich an Bundestag und Bundesrat, diese Alternativen "ernsthaft zu prüfen und umzusetzen".

DPA