Föderalismus-Reform Verhandlungen vorerst gescheitert

Die Vorsitzenden der Föderalismus-Kommission, Franz Müntefering und Edmund Stoiber, haben das Scheitern der Verhandlungen über eine Föderalismus-Reform bekannt gegeben. Die Schuld daran schoben sie sich gegenseitig zu.

Die Gespräche über eine Reform des föderalistischen Systems der Bundesrepublik sind vorerst gescheitert. Das erklärten die Vorsitzenden der Föderalismus-Kommission, SPD-Chef Franz Müntefering und der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), in Berlin übereinstimmend. Beide wollten ohne einen Kompromissvorschlag in die Abschlusssitzung der Kommission am Nachmittag gehen.

Schuld sind die Anderen

Müntefering erklärte: "Wir müssen davon ausgehen, dass es zu einem Ergebnis nicht kommen kann." Als letzte Hürde für eine Einigung gelten die Bildungszuständigkeiten. Müntefering nannte es unverständlich, dass der Bereich Bildung mit allen anderen Dingen verknüpft werden sollte. Er warf Stoiber vor, daraus ein Junktim gemacht zu haben. "Ich bedauere das sehr", sagte er und fügte hinzu, sein Vorschlag für die Föderalismus-Kommission sei, das zu beschließen, was möglich sei, und die Bildung auszugliedern.

Müntefering sagte, die Länder hätten gefordert, dass sich der Bund aus dem Hochschulbereich komplett zurückziehe, was aber nicht in Frage komme. Regierungssprecher Bela Anda sagte, es sei grotesk aus dem schlechten Abschneiden Deutschlands in internationalen Schulbildungsvergleichen keine gesamtstaatlichen Konsequenzen zu ziehen. "Zu einem Zeitpunkt, da es darauf ankäme, die gemeinsamen Anstrengungen zu verstärken, stellen sich einige Länder auf den Standpunkt der Kleinstaaterei."

Bildungsstreit schon seit mehr als 30 Jahre

Bund und Länder streiten seit mehr als drei Jahrzehnten immer wieder über die Bildungspolitik. Dabei pochen die Länder stets auf ihre aus dem Grundgesetz abgeleitete "Kulturhoheit". Auch der Bund beruft sich auf die Verfassung, die ihm auferlegt, auf gleichwertige Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik zu achten und die Wirtschaftseinheit Deutschland zu wahren - bis hin zum Gebot der Abwehr wirtschaftlicher Gefahren, etwa durch schlecht ausgebildete Schulabgänger und zu wenig hoch qualifizierte Fachkräfte.

Nach dem Grundgesetz "können" Bund und Länder bei der Bildungsplanung zusammenarbeiten. In verschiedenen Kommentaren heißt es jedoch dazu, dass diese Kann-Vorschrift nicht einfach durch Verweigerung der Zusammenarbeit unterlaufen werden kann.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Stoiber sagte, alles bislang Vereinbarte sei "jetzt leider an der SPD gescheitert", denn die SPD sei nicht bereit gewesen, eine Entflechtung im Bildungsbereich vorzunehmen. "Ich gehe jetzt davon aus, dass wir in absehbarer Zeit zu weiteren Veränderungen des Grundgesetzes nicht kommen werden, und bedauere das, aber das Leben geht weiter."

Müntefering warf den Ländern eine "machtpolitische Herangehensweise" vor. Ein Scheitern sei "kein Ruhmesblatt" für die Föderalismusdebatte. Es wäre schlecht für die Demokratie in Deutschland und für die Stellung des Landes in der Europäischen Union. Die Reformdebatte müsse auch außerhalb der Kommission weitergeführt werden. "Wir haben keine Absicht, das Thema liegen zu lassen."

Auch der SPD-Abgeordnete Dieter Wiefelspütz warf den Ländern "Machtspielchen" vor. Es habe im Rahmen der Verhandlungen massive Zuständigkeitsverlagerungen zu Gunsten der Länder gegeben. Man könne die Einigung nicht allein am Punkt der Bildungskompetenz scheitern lassen.

Die Grünen-Fraktionschefin Krista Sager wollte die Verhandlungen nicht schon vor der letzten Sitzung der Kommission ausdrücklich für gescheitert erklären. Sie sehe aber "keine Möglichkeit, dass der Bund über seine Verfahrensangebote noch hinausgehen kann", betonte sie. Wenn die Länder jedes Ergebnis an die Durchsetzung ihrer Position in der Bildungspolitik bänden, "sehe ich nicht, wie man zusammenkommen kann".

"Bildung bleibt Ländersache"

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch meinte am Rande der Bundesratssitzung, wenn Müntefering nicht bei Beginn der Sitzung der Föderalismus-Kommission neue, andere Vorschläge bringe, sei die Sache gescheitert. Koch äußerte Verwunderung über das "eingeschränkte Verhandlungskonzept" von Müntefering. Es scheine, als habe Müntefering keine echte Verhandlungsvollmacht. Es sei jetzt an der Bundesregierung, sich zu bewegen. "An ihr hängt jetzt alles. Ohne Bildung gibt es keine Einigung." Koch betonte, er werde in diesem Bereich keinem Kompromiss zustimmen: "Bildung bleibt Ländersache."

AP
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