Keine zwei Minuten hat Bundeskanzlkerin Angela Merkel (CDU) gebraucht, um zwischen Kabinettssitzung und Ausstellungseröffnung die Zustimmung der Bundesregierung zur Föderalismusreform zu verkünden. Nüchtern sprach sie von einem großen Tag und sagte: "Ich glaube, dass nur eine große Koalition die Kraft für diese Reform aufbringen konnte." Rasch verwies sie noch auf die schwierige letzte Phase der Beratungen, in der es darum ging, "alle Interessen zu berücksichtigen".
Von der Neuordnung der Bund-Länder-Beziehungen erhoffen sich die Kanzlerin und ihre Minister vor allem eine "Entscheidungsschnelligkeit, die im 21. Jahrhundert von großer Bedeutung ist, als auch Bürgerfreundlichkeit: "Denn die Bürger werden in Zukunft besser sagen können, wer für welche Politik verantwortlich ist."
Mecklenburg-Vorpommern enthält sich
Auch die Ministerpräsidenten der Länder haben sich für die Föderalismusreform ausgesprochen. Das teilte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) nach einer Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz mit. Nur Mecklenburg-Vorpommern habe sich der Stimme enthalten, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit.
Die Kernpunkte der Föderalismusreform sehen vor, dass eine Reihe von Gesetzen nicht mehr die Zustimmung der Bundesländer benötigt. Zurzeit müssen zwischen 40 und 60 Prozent aller Gesetze den Bundesrat passieren, künftig soll es nur noch ein Drittel sein. Um den Ländern diesen Machtverlust schmackhaft zu machen, hat der Bund auf einige Zuständigkeiten verzichtet, etwa im Bereich Bildung und Umwelt sowie bei der Beamtenbesoldung, die nun jedes Bundesland nahezu im Alleingang regeln darf.
Die CDU hatte sich schon am Montagvormittag einstimmig für die Reform der Bund- und Länderbeziehungen ausgesprochen. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla räumte zwar ein, dass einzelne Ministerpräsidenten zwar kritische Punkte angesprochen hätten, sich aber alle einig seien, dass Änderungen die Gefahr bergen, die gesamte Reform zu gefährden. Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist der Auffassung, dass das Paket nun nicht mehr aufgeschnürt werden solle. "Da muss man jetzt springen, oder man gefährdet die Sache", so Rüttgers.
Kritik von der SPD-Linken
Teile der SPD, vor allem so genannten Netzwerker und die Parteilinken, sehen das allerdings anders. Die Vorsitzende des Forums Demokratische Linke 21, Andrea Nahles, kritisierte den Rückzug des Bundes aus der Bildungspolitik. Damit wären Förderprogramme des Bundes wie das für die Ganztagsschulen ausdrücklich verboten. Auch in den Bereichen Forschung, Strafvollzug, Umweltgesetzgebung und dem öffentlichen Dienst wurde bereits Korrekturbedarf angemeldet.
Beim Umweltschutz bekommen die Kritiker Unterstützung vom Präsidenten des Umweltbundesamtes, Andreas Troge. "Die Möglichkeit der Länder, von bundesrechtlichen Regelungen unter anderem zum Naturschutz und Wasserhaushalt abzuweichen, ist problematisch", sagte er, denn dies "würde zur Unübersichtlichkeit und zu einer weiteren Zersplitterung des Umweltrechts führen." Zu befürchten sei «ein Wettlauf um die niedrigsten Umweltstandards."

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Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit ebenfalls Sozialdemokrat hat kein Verständnis für die Kritik aus den eigenen Reihen: "Jeder konnte sich rechtzeitig informieren, die Texte sind allen zugegangen und die wesentlichen Inhalte sind seit langem diskutiert", sagte er.
Zweidrittelmehrheit benötigt
Die Verfassungsreform soll am 10. März im Bundestag und Bundesrat in erster Lesung beraten werden. Für die Föderalismusreform wird in beiden Kammern die Zweidrittelmehrheit benötigt, die ohne Stimmen der SPD-Linken und der Netzwerker schwierig zu erreichen sein wird.
Bei den oppositionellen Grünen regt sich ebenfalls Unmut über die geplante Umsetzung der Föderalismusreform. Es dürfe nicht sein, dass die Reform "per ordre de mufti" vollzogen werde. Ihre Partei erwarte ein "ausführliches parlamentarisches Verfahren", bei dem alle Aspekte der Reform diskutiert würden.