Altkanzler verliert sein Büro Gerhard Schröder vor Gericht: Besser, er hätte verzichtet

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD)
Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) unterlag im Streit um sein Bundestagsbüro vor dem Berliner Verwaltungsgericht (Archivbild)
© Christoph Soeder / DPA
Im Streit um gestrichene Privilegien unterliegt Altkanzler Gerhard Schröder vor dem Berliner Verwaltungsgericht. Unnötig, aber zu Recht. Meint stern-Hauptstadtreporter Jan Rosenkranz.

Schröder vor Gericht. Es gibt nicht wenige Menschen, gerade in seiner Partei, die diesen Worten viel Positives abgewinnen können. In diesem Fall ging es jedoch nicht um ein erneutes Begehr der Genossinnen und Genossen, ihn nun aber endgültig aus der Partei zu werfen. Es ging um Profaneres. Um Büroräume und um Personal. Um jährlich 400.000 Euro, die dieser Altkanzler-Service den Steuerzahler zuletzt im Jahr gekostet hat. Bis zum Mai vorigen Jahres jedenfalls, als der Haushaltsausschuss des Bundestags dem Altkanzler dieses Privileg gestrichen hat.

Gerhard Schröders Credo: Nachgeben? Niemals!

Es wäre besser gewesen, Schröder hätte von sich aus auf dieses Privileg verzichtet. Zumindest aber akzeptiert, dass er es nicht weiter erhalten soll. Aber so ist dieser Gerhard Schröder nicht gestrickt. Nachgeben? Niemals. Wir sehen uns vor Gericht!

Zu so einem Altkanzlerbüro gehören Mitarbeiter, repräsentative Räume im Bundestag und ein Fahrdienst – all das soll helfen bei der Erfüllung sogenannter "nachführender Dienstpflichten". Nur wie lange wird da nachgeführt? Und wird da überhaupt noch was nachgeführt? Oder betreibt konkret dieser Altkanzler statt "nachführender Dienstpflichten" zum Wohle des Landes nicht vielmehr fortwährende Privatgeschäfte zum Nutzen staatlicher russischer Energiekonzerne?

Schröder hat aus alldem nie ein Geheimnis gemacht. Dass dies dem Haushaltsausschuss erst pünktlich zu Putins Überfall auf die Ukraine aufgefallen ist und die Abgeordneten plötzlich zur Streichung der 17 Jahre lang klaglos gewährten Leistungen zwang, mag man kleinlich und gemein finden. Schröder selbst darf es für überzogen oder sogar maßlos halten, so wie den Furor, der ihn seit einem Jahr trifft, als wäre nicht Freund Putin, sondern er selbst der Kriegsverbrecher.

Eines ist es nicht: Willkür

Man kann das opportun nennen oder opportunistisch. Nur eines ist es nicht: Willkür. Auch wenn Schröder und sein Anwalt das so sehen. Eine Amtsausstattung ist kein Pensionsanspruch, den man sich im Laufe entbehrungsreicher Amtsjahre erarbeitet hat. Sie wird gewährt – oder entzogen. Und es ist allein das Recht das Parlaments, über staatliche Ausgaben zu bestimmen. Es sind allein die Abgeordneten, die darüber entscheiden, wofür wie viel Steuergeld ausgegeben wird. Kein Minister hat so viel Macht, kein Bundeskanzler und erst recht kein Bundeskanzler a. D. 

Man könnte nun fordern, dass endlich definiert werde, was genau unter diesen nachwirkenden Aufgaben zu verstehen ist. Auch ließe sich gesetzlich regeln, wie künftig die Ausstattung für Ehemalige aussehen soll. Wie lange, wofür und unter welchen Voraussetzungen sie gewährt wird. 

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Auf eigene Rechnung, auf eigene Kosten

Regeln sind immer gut. Sie werden uns nicht davor bewahren, dass ein Kanzler oder eine Kanzlerin nach ihrer Amtszeit fragwürdige Deals abschließt, um ein bisschen was hinzuzuverdienen. Dann aber nicht nur auf eigene Rechnung, sondern auch auf eigene Kosten. Solange es diese Regeln nicht gibt, zählt allein Anstand.

Es wäre uns und ihm viel erspart geblieben, hätte Schröder die Größe besessen, von sich aus zu verzichten. Nur hat er diese Größe eben nicht. Es wäre aus zwei Gründen undenkbar für ihn gewesen. 

  1. In seiner Weltsicht waren die Russland-Geschäfte in erster Linie gut für sein Land, und nur aus Versehen auch von Vorteil für ihn selbst.
  2. Wenn Schröder eines nicht kann, dann ist das Verlieren. Ohne diese Eigenschaft, wäre einer wie er, niemals im Kanzleramt gelandet. Und wegen ihr hat er sich am Wahlabend 2005 im Fernsehen so blamiert. 

Er hat diese Niederlage gebraucht.

wue