Gesundheitsreform Reform der Reform für 2010 angekündigt

Bundessozialministerin Ulla Schmidt hat eingeräumt, dass ihre jüngste Reform das bestehende Gesundheitssystem nicht retten kann. "Die nächste große Reform muss spätestens 2010 stehen."

Bundesregierung und Opposition peilen zur Stabilisierung des Gesundheitssystems schon die nächste Reform an. Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) räumte ein, dass die aktuellen Reformbestrebungen dazu nicht ausreichen und ließ Sympathie für eine Bürgerversicherung erkennen. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) mahnte weitere Umbauschritte an. Der Verhandlungsführer der Union bei den Gesundheits-Konsensgesprächen Horst Seehofer (CSU) machte sich erneut für die Bürgerversicherung und damit für einen radikalen Systemwechsel stark. Das Streitthema spaltet die Union.

Schmidt will nächste Reform bis 2010

"Die nächste große Reform muss spätestens 2010 stehen", sagte Schmidt dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Dann werden wir neue Antworten auf die demographische Veränderung in der Bevölkerung gefunden haben müssen." Schmidt hofft, dass ihre eigene Reform "wenigstens bis 2007 hält".

Auch Clement kündigte weitere Reformschritte an: "Wir sind nicht mehr in der Lage, das Gesundheitssystem wie bisher zu finanzieren", sagte Clement der "Bild am Sonntag". Der Einzelne müsse mehr Eigenverantwortung und mehr Lasten übernehmen. "Auch Kassen, Ärzte, Apotheker und Pharmaindustrie müssen sich auf weitere Veränderungen einstellen."

Seehofer: Bürgeversicherung steht so gut wie fest

Für Seehofer (CSU) sind die Probleme mit dem Gesundheitskompromiss "eindeutig" nicht gelöst. Er werde in der Union heftig für eine beitragsfinanzierte Sockelrente und für die Bürgerversicherung kämpfen, sagte er dem "Spiegel". Die Einführung der vor allem von den Grünen favorisierten Bürgerversicherung steht für den CSU-Politiker so gut wie fest: "Da gehe ich jede Wette ein."

Widerspruch erntete Seehofer aus der CDU. Die Diskussion sei zwar noch nicht abgeschlossen, aber die "Tendenz" gehe "eher in Richtung Kopfpauschale", sagte das CDU-Präsidiumsmitglied Hildegard Müller der "Berliner Zeitung". Unter der Kopfpauschale wird ein fester Betrag verstanden, den alle Bürger monatlich zahlen müssten, unabhängig von ihrem Einkommen.

Rürup favorisiert Kopfpauschale

Dafür hatten sich Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sowie der Regierungsberater Bert Rürup ausgesprochen. Müller warnte, die Bürgerversicherung würde teurer als derzeit diskutiert. Die Einbeziehung von Beamten, Selbstständigen und Freiberuflern sei zwar populär, führe aber nicht zur Senkung der Beitragssätze. Rürup nannte die Debatte um eine Bürgerversicherung verfrüht. Sie beruhe mehr auf Wunschvorstellungen als auf Analyse und Fakten, sagte er der "Sächsischen Zeitung". Der Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse KKH, Ingo Kailuweit, hält die Bürgerversicherung für sinnvoll. "Diese löst zwar nicht alle Probleme, aber sie verteilt die Lasten solidarisch auf alle Schultern", sagte er der dpa.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warf Regierung und Opposition unseriöse Finanzkalkulation vor und forderte Nachbesserungen. "Auch diese Gesundheitsreform wird nur kurze Zeit tragen", sagte Hundt der "Berliner Zeitung". Die Ankündigung der Gesundheitsministerin, die Krankenkassen notfalls per Gesetz zur Beitragssenkung zu zwingen, sei ein Beleg für die fehlende Seriosität der jetzigen Finanzkalkulation.