Die meisten Absperrgitter sind verschwunden, die Bühne samt Leinwand ist schon abgebaut. Wo am Montagabend noch gegen deutsche Politiker und Flüchtlinge gehetzt wurde, schlendern am Tag danach Touristen und Einheimische. Nur die Leuchtschrift an der Semperoper erinnert an das, was sich hier abgespielt hat: "Wir sind keine Kulisse für Intoleranz".
Auch die politischen Aufräumarbeiten haben begonnen. Pegida-Mitgründer Lutz Bachmann war schon am Abend hochzufrieden, er prahlte mit angeblich 39.000 Teilnehmern - offiziell waren es 10.000 bis 15.000. Zur Gegendemo kamen rund 10.000 Menschen. Darunter auch Sabine Friedel, die für die SPD im sächsischen Landtag sitzt und eine der zahlreichen Gegenkundgebungen angemeldet hatte. "Es war erfreulich, dass halbwegs viele Leute gekommen waren. Für Dresden war die Zahl schon sehr hoch". Dennoch könne sie auch verstehen, wenn viele fernblieben angesichts von Steinwürfen und Feuerwerkskörpern.
Einheizer Pirincci
Am Elbufer, wo heute schon wieder Spaziergänger unterwegs sind, kam es am späteren Abend zu teils heftigen Auseinandersetzungen. Anhänger und Gegner von Pegida prallten aufeinander, die Polizei musste einschreiten, setzte auch Pfefferspray ein. Diese Dimension der Gewalt sei ein neues Phänomen, sagt Friedel. "In den letzten Wochen wurde es schlimmer, dass organisierte Gruppen von Rechtsextremen sich gezielt bewaffnen und gezielt angreifen." Es sei für viele deshalb schwer gewesen, sicher nach Hause zu kommen.
Schockiert zeigt sich auch der innenpolitische Sprecher der Grünen im sächsischen Landtag, Valentin Lippmann: "Ich war vom erneuten Gewaltausbruch erschüttert und ich erwarte, dass diejenigen nun zur Verantwortung gezogen werden." Lippmann appelliert: "Es muss noch viel mehr klare Haltung gezeigt werden, auch von der Regierung und den Sicherheitsbehörden. Die Polizei hatte trotz eines Großaufgebots Schwierigkeiten die Lage unter Kontrolle zu bekommen." Vor allem Redner wie Akif Pirincci heizten die Stimmung auf dem Platz verbal an. Mit teils kruden Beleidigungen griff der Autor deutsche Politiker direkt an und bezeichnete die Grünen als "Kinderfickerpartei". Nach dem gestrigen Abend sei klar, dass Pegida sich immer weiter radikalisiere und von den Anhängern ein enormes Gefahrenpotenzial ausgehe, so Lippmann.
Polizei zieht positive Bilanz
Wenn es ein Sicherheitskonzept der Polizei gegeben habe, hätte es sich ihr zumindest nicht erschlossen, sagt Friedel von der SPD. Sie als Anmelderin des Gegenprotestes habe Ansprechpartner und Informationen vermisst. Die Beamten vor Ort hätten sicher meist einen guten Job gemacht, aber hätten keinen Überblick gehabt.
Die Dresdner Polizei zieht hingegen eine positive Bilanz. In einer ersten Pressemitteilung hieß es, am Abend seien insgesamt 1900 Beamte im Einsatz gewesen, die teils auch aus anderen Bundesländern kamen. Der Schutz aller Versammlungsteilnehmer sei gewährleistet gewesen. Ein Pegida-Demonstrant sei jedoch auf dem Weg zur Versammlung von einem Unbekannten geschlagen worden und erlitt dabei schwere Verletzungen. Nach der Versammlung hätten Gegendemonstranten versucht, die heimkehrenden Pegida-Anhänger zu stören, es sei randaliert und Feuerwerk gezündet worden. Die Polizei war im ganzen Stadtgebiet präsent.
Die Polizei betont den überwiegend friedlichen Verlauf des Abends, obwohl mehrere Strafverfahren eingeleitet wurden, unter anderem wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung. Drei Personen wurden in Gewahrsam genommen. Gegen sie wird ermittelt.
Oberbürgermeister im Urlaub
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert war bei der Großveranstaltung am Montagabend übrigens nicht vor Ort, er befinde sich derzeit im Urlaub, ließ die Stadtverwaltung wissen. Die Unterstützer des Gegenprotestes um Valentin Lippmann hoffen, dass der erfolgreiche Gegenprotest nur der Auftakt war für kommende Pegida-Versammlungen. Es müsste auch zukünftig in Dresden gezeigt werden, dass man Pegida die Straße nicht überlasse, so Lippmann.