Nach der Rückzugsankündigung von Linksfraktionschef Gregor Gysi sieht der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner die Chancen für ein Linksbündnis schwinden. "Die Linkspartei wird es ohne ihn sehr schwer haben, sich auf der Bundesebene von der Fundamentalopposition hin zu einem potentiellen Koalitionspartner zu entwickeln", sagte Stegner der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Gysi sei "sicher einer der klügsten Kollegen aus Konkurrenzparteien", fügte Stegner hinzu.
Der 67-jährige Gysi hatte am Sonntag bei einem Linken-Parteitag in Bielefeld angekündigt, dass er im Herbst nicht mehr für den Fraktionsvorsitz kandidiere. Die Zeit sei gekommen, das Amt "in jüngere Hände zu legen", sagte Gysi vor den Delegierten.
Fraktionsvize Jan Korte sprach sich bei "Spiegel Online" für eine Doppelspitze aus der Wortführerin des linken Flügels, Sahra Wagenknecht (45), und dem Reformer Dietmar Bartsch aus: "Als Fraktion müssen wir uns jetzt stärker darauf konzentrieren, dass wir 2017 Erfolg haben. Sahra Wagenknecht würde als Fraktionsvorsitzende neben Dietmar Bartsch uns helfen, erfolgreich zu sein." Wagenknecht hatte im März nach einer internen Abstimmungsniederlage verkündet, dass sie nicht Fraktionschefin werden will.
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Rückzug stand für Gysi schon länger fest
Für Gysi stand sein Rückzug vom Fraktionsvorsitz der Linkspartei bereits seit zwei Jahren fest. "Ich hab das schon im Mai 2013 entschieden", sagte er im "Bericht aus Berlin" der ARD. Das habe seine Partei damals nur nicht richtig registriert. "Ich habe gesagt: Ich mache in erster Linie den Wahlkampf, dann kandidiere ich auch allein für den Fraktionsvorsitz - aber, habe ich gesagt, nur noch eine Legislaturperiode."
Grüne: Widersprüche bleiben ungeklärt
Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter erklärten, Gysi habe versucht die Widersprüche der Partei aufzulösen. "Dennoch hat die Linke bis heute nicht geklärt, welchen Kurs sie einschlagen will: Bleibt sie bei der Daueropposition oder will sie regierungsfähig im Bund werden?", kritisierten Göring-Eckardt und Hofreiter. Die Signale auf dem Parteitag der Linken machten "jedenfalls bislang keinen Aufbruch deutlich". "Zur Demokratie gehört auch Verantwortung und Gestaltungsanspruch", mahnte die Fraktionsführung der Grünen.