Finanzminister Hans Eichel wird es in den nächsten Tagen vielleicht so sehen wie einst Sepp Herberger. Das nächste Spiel sei immer das schwerste, hat der Trainer der Berner Wunder-Elf gesagt. Für den obersten Kassenwart hat am Donnerstag ein einwöchiger finanzpolitischer Hürdenlauf begonnen. Bei jedem Minister muss Eichel in "Chefgesprächen" Sparvorgaben in den Ressorts für 2005 durchdrücken. Die Kabinettskollegen werden um ihr Geld kämpfen, und Eichel wird eisern bleiben. Dabei kann er sich auf eine öffentlich bekundete Rückendeckung durch den Kanzler berufen. Wunder sind bei der Etatvorlage im Kabinett Ende Juni aber kaum zu erwarten.
Haushaltsloch bei 18 Milliarden Euro
Die Vorgaben für Eichel und Haushaltsstaatssekretär Manfred Overhaus, für den es vor dessen Ruhestand Ende Juni die letzten "Chefgespräche" sein werden, sind klar: Der Bund darf nicht mehr neue Schulden machen, als er investiert. So fordert es das Grundgesetz. Eichel hat mehrfach angekündigt, dass er am 23. Juni im Kabinett einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen wird. Doch die Lücke ist gigantisch. Die Grünen haben ein Loch von 18 bis 21 Milliarden Euro ausgemacht, das zu stopfen ist, damit die Neuverschuldung nicht über den veranschlagten Investitionen von rund 25 Milliarden liegt.
Im Tagesrhythmus müssen Eichels Kollegen antreten. Den Anfang machte Bildungsministerin Edelgard Bulmahn, die dank der rot-grünen Innovationsoffensive sogar mehr Geld bekommen soll. Schon schwieriger wird es an diesem Freitag, wenn Verteidigungsminister Peter Struck und der für Verkehr und Aufbau Ost zuständige Ressortchef Manfred Stolpe versuchen, Eichel von den Kürzungsplänen abzubringen. Beide haben bereits Abstriche hinnehmen müssen. Stolpe kann für sich immerhin verbuchen, dass ein Großteil der Investitionen des Bundes aus seinem Ressort kommt. Werden die gekürzt, würde die Lücke zur Neuverschuldung noch größer.
Sparvorgabe für 2005 noch höher
Nicht viel leichter wird es, wenn es um Arbeitsmarktzuschüsse, Kommunalhilfen oder Ost-Investitionsmittel bei "Superminister" Wolfgang Clement geht. Oder um Kürzungen der Agrarhilfen, die Ministerin Renate Künast hinnehmen soll. Eichel wird aber auf Kabinettsbeschlüssen beharren: So soll die "globale Minderausgabe" von zwei Milliarden Euro festgeklopft werden. Die "irgendwie" im Haushaltsverlauf zu erwirtschaftende Sparvorgabe ist Folge der nicht vorgenommenen Kürzung des Rentenzuschusses. Auch 2005 werden alle Ministerien nach einem Schlüssel zu Einsparungen verpflichtet, und zwar zu mehr als 2004. Umgesetzt werden soll auch der Abbau von Subventionen nach der Liste der Ministerpräsidenten von Hessen und Nordrhein-Westfalen, Roland Koch und Peer Steinbrück.
Selbst wenn sich Eichel durchsetzt, bleibt nach Überzeugung der Grünen immer noch eine zweistellige Milliarden-Lücke. Das Loch dürfte er vor allem über Privatisierungen, insbesondere den Verkauf weiterer Telekom- und Post-Aktien stopfen. Um auf die nötige Größenordnung zu kommen, könnten die für 2004 geplanten Verkäufe von bis zu 8 Milliarden auf 2005 verschoben werden. Damit würde das Defizit in diesem Jahr zwar steigen. Eichel nimmt dies aber wohl in Kauf, steht ein dritter Verstoß gegen die EU-Vorgaben doch ohnehin schon fest.