HAUSHALT Eichel will 2003 zehn Milliarden Euro kürzen

Zur Schließung von Haushaltslücken will Finanzminister Eichel im nächsten Jahr zehn Milliarden Euro Ausgaben und Steuersubventionen streichen.

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will im nächsten Jahr zehn Milliarden Euro Ausgaben und Steuersubventionen streichen und so Haushaltslöcher stopfen. Vorschläge dazu wolle er SPD und Grünen an diesem Montagabend zu Beginn der auf drei Wochen angesetzten rot-grünen Koalitionsverhandlungen unterbreiten, sagte er der »Süddeutschen Zeitung« (Montag). Damit will Eichel offenbar weitere Diskussionen über direkte Steuererhöhungspläne entschärfen. Diese waren auf schroffe Ablehnung der Opposition und der Wirtschaft gestoßen. Er wolle jetzt die Wachstumskräfte stärken, wozu auch eine Stabilisierung der Lohnnebenkosten gehöre, sagte Eichel.

Auch 2003 Einnahmeausfälle erwartet

Hintergrund sind die anhaltende Konjunkturflaute und Steuerausfälle sowie die geplante Rücknahme der Wachstumsprognose für die Jahre 2003 bis 2006 von 2,5 auf 1,5 Prozent. Damit müssen Bund, Länder und Gemeinden nach Angaben von Experten jährlich auf rund fünf Milliarden Euro Einnahmen verzichten. Eichel sagte, er wolle sich mit einem solchen Wachstum zwar nicht zufrieden geben, aber die Finanzpolitik vom konjunkturellen Auf und Ab der Vorhersagen etwas lösen. Derzeit liefen die Steuern etwas besser ein. Ob deshalb ein Nachtragshaushalt 2002 nötig sein werde, »müssen wir uns später noch einmal genau anschauen«, sagte Eichel. Das Stabilitätsziel der EU will er einhalten: »Ich will unverändert bis zum Jahr 2006 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen.« Die Koalitionsverhandlungen sollen bis zum 14. Oktober beendet werden.

Auch Subventionen auf dem Prüfstand

Bei den Steuersubventionen gebe es eine Reihe volkswirtschaftlich sehr fragwürdig gewordener Vergünstigungen, sagte Eichel. Einzelheiten wollte er aber nicht nennen. Auf Kürzungslisten, an denen laut »Spiegel« auch im Kanzleramt gearbeitet wurde, sollen auch die Landwirtschaft und der Wohnungsbereich stehen. So wird erwogen, die Eigenheimzulage für Neubauten zu kürzen und der von Altbauten anzugleichen, wie Koalitionsexperten gegenüber Presseagenturen bestätigten.

SPD-Finanzpolitiker erwägen eine Mindestbesteuerung für Kapitalgesellschaften. Milliardenbeträge erhofft sich Eichel dem Vernehmen nach davon, den reduzierten Mehrwertsteuersatz für landwirtschaftliche Produkte sowie für Hunde- und Katzenfutter von derzeit 7 Prozent auf den Normalsatz von 16 Prozent anzuheben.

Eichel: »Ich führe keine Debatte über Steuererhöhungen«

Unwillig äußerte sich Eichel in der »Süddeutschen Zeitung« über den Vorstoß der SPD-regierten Länder Niedersachsen und Rheinland- Pfalz, die 1997 abgeschaffte Vermögensteuer wieder einzuführen und die Erbschaftsteuer zu erhöhen, um Ganztagsbetreuung in Schulen zu finanzieren. »Ich führe keine Debatte über Steuererhöhungen und bin dagegen, an Steuersätzen zu drehen.« Er räumte aber ein, dass diese Steuern in die Zuständigkeit der Länder fielen. Zu der von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) vorgeschlagenen weiteren Erhöhung der Tabaksteuer um bis zu 5 Cent je Zigarette äußerte er sich nicht.

CDU kündigt Widerstand bei Steuererhöhungen an

Im Gespräch ist ferner die Abschaffung von Vergünstigungen bei der Ökosteuer, zum Beispiel der 80-prozentigen Ermäßigung des Steuersatzes für energieintensive Betriebe. Das brächte einige Milliarden ein. Dies könnte bei dieser Steuer zum Kompromiss zwischen Grünen und SPD führen, die den Ökosteuersatz nach 2003 unter keinen Umständen erneut anheben will. Ohne Ausnahme wollen die Unionsländer mit ihrer Bundesratsmehrheit die von den SPD-Ländern verlangten knapp vier Milliarden Euro Mehreinnahmen aus Vermögen- und Erbschaftsteuern kippen. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sagte der »Bild am Sonntag«, die Union wolle im Bundesrat zwar keine Blockadepolitik betreiben. »Steuererhöhungen sind mit uns aber ganz sicher nicht zu machen.« CDU-Chefin Angela Merkel sagte, die Union werde »keine Verschiebung der Grundachsen der Republik mitmachen, nur weil wir harmoniesüchtig wären oder uns die SPD Blockadepolitik vorwerfen will«.