Überzeugte Liberale Trauer um die Grande Dame der FDP: Hildegard Hamm-Brücher ist tot

Sie war eine der frühen starken Frauen-Figuren in der Politik der Bonner Republik. Hildegard Hamm-Brücher vertrat ihre Überzeugungen konsequent - und gab dafür sogar ihr FDP-Parteibuch zurück. Nun ist sie im Alter von 95 Jahren gestorben.

Die langjährige FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher ist tot. Das bestätigte ihr Sohn am Freitag der Deutschen Presse-Agentur (DPA) in München. Wie erst heute bekannt wurde, starb sie bereits am vergangenen Mittwoch im Alter von 95 Jahren in München.

"Mit ihr verliert Deutschland eine große liberale Persönlichkeit", sagte der bayerische FDP-Landeschef Albert Duin. Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nannte Hamm-Brücher den "Inbegriff der gelebten Bürgergesellschaft". Bundespräsident Joachim Gauck würdigte Hamm-Brücher in einem Kondolenzschreiben Miriam Hamm, die Tochter der Verstorbenen: "Ihre Mutter stand wie kaum eine andere für einen Liberalismus, der sich für Bürgerrechte, Zivilcourage und demokratische Kultur einsetzte". "Klug, selbstständig und fair" habe Hamm-Brücher für ihre Überzeugungen gefochten, so Gauck. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte. Deutschland verliere "eine herausragende Demokratin - und eine der letzten politischen Akteurinnen, die unsere Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg mitaufgebaut haben".

Wahl zur Bundespräsidentin blieb Hamm-Brücher versagt

Über Jahrzehnte hatte Hamm-Brücher die Politik der Liberalen geprägt - als Bundestagsabgeordnete und Staatsministerin im Auswärtigen Amt unter Außenminister Hans-Dietrich Genscher.

Doch die Krönung ihrer Laufbahn blieb ihr versagt: Als Hamm-Brücher 1994 für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte, opferte ihre Partei sie im dritten Wahlgang dem Koalitionskalkül - Staatsoberhaupt wurde damals Unions-Kandidat Roman Herzog.

Nach 50 Jahren in der FDP gab Hamm-Brücher 2002 ihr Parteibuch ab - wegen anti-israelischer Äußerungen des damaligen Parteivizes Jürgen Möllemann. Ein Schritt, den die überzeugte Liberale schweren Herzens ging, den sie jedoch für notwendig hielt. Allzu sehr hatte sich ihre Partei verändert.

Kampf gegen Verkrustungen im Schulsystem

Hamm-Brücher wurde 1921 in Essen geboren, sie wuchs in Berlin auf. 1948 zog die promovierte Chemikerin für die FDP in den Münchner Stadtrat ein. Bayerns FDP-Chef würdigte sie als Politikerin mit festen Überzeugungen und der Kraft, unbequem zu sein - auch für ihre Partei. "Wir behalten sie als unabhängigen Geist und leidenschaftliche Liberale in Erinnerung."

In jedem ihrer Ämter habe sie sich für die Demokratie und die Chancen des Einzelnen stark gemacht, sagte Duin: "Ihrem Ziel, Verkrustungen im Schulsystem aufzubrechen und die beste Bildung für alle, unabhängig von ihrer Herkunft, zu ermöglichen, fühlen wir uns auch heute verpflichtet."

2015 verschlechterte sich Hamm-Brüchers Gesundheitszustand. Doch trotz zweier Oberschenkelhalsbrüche, Gedächtnislücken und Gleichgewichtsstörungen verfolgte sie die Entwicklungen in der Politik bis zuletzt weiter.

dho/DPA

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