Nachdem die Berliner CDU-Politikerin Jenna Behrends vergangene Woche Sexismus-Vorwürfe gegen den Landesverband ihrer Partei erhoben hat, ist innerhalb der CDU - und darüber hinaus - eine Debatte über Sexismus in der deutschen Politik entbrannt. Behrends hatte am Freitag auf der Seite des Online-Magazins "Edition F" ihre negativen Erfahrungen in der Berliner CDU geschildert. Auch der stern hat das Schreiben veröffentlicht. Unter anderem schrieb sie, sie sei von einem Senator als "süße große Maus" bezeichnet worden. Nun erhält Behrends Rückendeckung von der Bloggerin und Kommunalpolitikerin, Christine Finke. In ihrem Blog "Mama arbeitet - alleinerziehend & berufstätig" hat sie einen offenen Brief an Jenna Behrends verfasst - und dankt Behrends, dass sie ihre Erfahrungen öffentlich gemacht hat.
Die nun angestoßene Sexismus-Debatte solle laut Finke nicht nur in den "großen Medien und in einzelnen Parteien geführt werden" - sondern "ganz breit", wie sie in ihrem Schreiben fordert. "Ich möchte Ihnen sagen, dass ich großen Respekt vor Ihnen habe", schreibt Finke weiter. Diese Debatte gerade innerhalb der CDU loszutreten, sei besonders mutig gewesen. "Sie machen gerade einen Crashcurs in Sachen Öffentlichkeitsarbeit, eine Art Feuertaufe, und ich finde, Sie schlagen sich mehr als wacker", so Finke.
"Sexismus beobachtet und mir meinen Teil gedacht"
Auch Finke habe in ihrer mehr als zweijährigen Tätigkeit als Stadträtin von Konstanz "oft Sexismus beobachtet und mir meinen Teil gedacht". Dabei geht die Kommunalpolitikerin auch mit sich selbst ins Gericht: Gesagt habe sie "leider sehr selten etwas". Wenn man als Frau mit solchen Äußerungen konfrontiert werde, sei man im ersten Moment "total perplex".
Weiter teile sie die Ansicht, dass es zu wenige Frauen in der Politik gäbe. Unter den insgesamt 40 Stadträten von Konstanz seien nur zehn Frauen. Dabei sei "unsere Stadt und unser Stadtrat nicht sexistischer als dies die gesamte Gesellschaft". Als großes Problem sieht Finke das sogenannte "Mansplaining", also solche Situationen, in denen Männer mit Frauen herablassend sprechen, obwohl sie oft selbst nur unzureichende Kenntnisse über die Themen verfügen. Dies sei mittlerweile so normal, dass es keinem mehr auffalle.
"Als Alleinerziehende eine Art Mensch zweiter Klasse"
Ein politischer Gegner habe Finke beispielsweise als "putzig" bezeichnet. Sie ist der Überzeugung, dass eine solch "herablassende Äußerung" niemals gegenüber einem männlichen Kollegen gefallen wäre. Weiter schildert Finke einen "absurden Moment", in dem ein Ratsmitglied sie als "selbsternannte Feministin" titulierte. Dies sei geschehen, nachdem sie sich öffentlich dagegen ausgesprochen hatte, "einem sehr polarisierendem Väterrechtler einen enormen Zuschuss für ein Filmprojekt zu geben". Ein weiteres Ratsmitglied habe ihr zu verstehen gegeben, sie sei "als Alleinerziehende eine Art Mensch zweiter Klasse".
Um die nun losgetretene Debatte gut zu überstehen, wünscht sie Behrends "gute Nerven, einige gute Freunde, die mit Ihnen gemeinsam den Kopf schütteln über den medialen Wahnsinn". Das Thema Sexismus in Parteien offen angesprochen und voran gebracht zu haben, sei "mehr, als viele langjährige Politiker von sich sagen können".
