Juso-Bundeskongress Onkel Beck und die "jungen Leute"

Von Marcus Müller
Seit Kurt Beck die Sozialdemokraten wieder weiter nach links steuert, ist er auch bei der traditionell linken Partei-Jugend ein gern gesehener Gast. Auf dem Bundeskongress der Jusos in Wolfsburg quälte der Parteichef die Delegierten aber mit einer onkelhaften Rede.

Seit Kurt Tucholskys "Ratschläge für einen schlechten Redner", ist wohl selten ein Vortrag langweiliger eröffnet worden, als Kurt Becks Rede-Beginn bei den Jusos. "Draußen ist herrlicher Sonnenschein und ein strahlender blauer Himmel", sagte Beck den rund 300 Delegierten. Er hoffe, dass auch ein wenig davon in den Saal ströme. Puh. So was reißt natürlich erst mal vom Stuhl! Prompt vergaßen die "jungen Leute", wie Beck seine Zuhörerschaft gerne immer wieder ansprach, zu klatschen.

Als alter Profi wusste Beck aber, wie er ein ihm grundsätzlich gewogenes Publikum trotzdem für sich einnimmt: Indem er immer wieder erwähnte, dass die Jusos ja doch "deutliche Spuren" im neuen Grundsatzprogramm der SPD hinterlassen hätten. Eine gute halbe Stunde machte Beck seinen großen Versatzstück-Redekasten auf und sprach von Solidarität, dem Denken an die Menschen, Gerechtigkeit. Im Original: "Wir wollen, dass die Menschen bestimmen und nicht das Geld und nicht das Kapital." Dagegen ist natürlich wenig zu sagen. Ein solcher Satz löste bei einer sich deutlich links positionierenden Jugendorganisation aber auch keinen rasenden Applaus aus.

Onkelhafter Langweiler

Den geradezu onkelhaften Hinweis an die "liebe Franziska", der eben erst für Juso-Verhältnisse mit traumhaften 76 Prozent neu gewählten Bundesvorsitzenden Franziska Drohsel, sich doch mal mit anderen Jugendlichen in Europa "direkt in Verbindung zu setzen", um einen "großen Schritt" zu gehen, diesen Hinweis sagte Beck in bereits gelangweilte Gesichter.

Der SPD-Chef brauchte tatsächlich gute 20 Minuten, bis er endlich bei konkreten Themen war. EU-Beitritt der Türkei, Terror-Gefahr, Innere Sicherheit. Damit ging es los, und bei jedem Namen eines Unions-Politikers, dem Beck ein wenig umständlich die Meinung sagte, freute sich der Saal. "Wir können es nicht zulassen, dass die Freiheit zu Tode geschützt wird", fiel Beck zu Innenminister Wolfgang Schäuble ein. Verteidigungsminister Franz Josef Jung müsse "was in Ordnung bringen" - nämlich seine "grundgesetzwidrigen" Vorstellungen zum Abschuss gekidnappter Flugzeuge. Dann hechelte Beck auch noch mal das Thema Bundeswehreinsätze im Innern und den Rechtsextremismus durch. Er sagte "nein zu Studiengebühren" und "ja zum Mindestlohn".

Weise Tipps vom Redeonkel

Das waren Heimspiele, zumindest so lange bis Beck die Delegierten im Ernst dazu aufrief, "die politische Diskussion mit Gleichaltrigen zu suchen". Es ist wohl den auch in politischer Diplomatie geschulten Delegierten zu verdanken, dass sie bei solchen Sätzen vornehm schwiegen. In der Debatte nach Becks Rede konnte sich der Bezirksvorsitzende von Braunschweig, Jan Schwarz, aber nicht verkneifen, dass die Jusos "immer wieder auch mit Älteren" über ihre Themen reden werden.

Mehr als eine halbe Stunde ließ sich Beck übrigens Zeit, bis er ausdrücklich auf Soziale Gerechtigkeit, die Debatte um eine Rente mit 77 Jahren und andere tagesaktuelle Themen kam - Angriffe auf Union, FDP und Linkspartei inklusive. Da waren auch die Delegierten mit Jubel und Applaus doch wieder ganz bei ihrem Redeonkel Beck.