Kommentar Seehofer muss Format beweisen

  • von Hans Peter Schütz
Mit mehr als 90 Prozent der Deligiertenstimmen ist Horst Seehofer zum neuen CSU-Parteichef gewählt worden. Jetzt muss Seehofer zeigen, dass er die Partei führen kann. Dazu muss er jedoch erst einmal die offenen Baustellen innerhalb seiner eigenen Partei schließen.

Wer hat Angst vor dem neuen CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer? Die CDU sollte sie haben. Frei nach einer dort weit verbreiteten Erkenntnis: Wenn die CSU erfolgreich ist, ist sie schon ganz schön anstrengend. Wenn sie aber erfolglos ist, wird sie schnell unerträglich. Und genau dies ist die Ausgangslage des neuen CSU-Chef. Er steht an der Spitze einer in de-pressive Gemütslage gedrückten Partei. Bei der Landtagswahl deklassiert, aus der politischen Bundesliga ins untere Drittel der Regionalliga gedrückt. Niedergemacht von den Wählern wegen der unerträglichen politischen Arroganz ihres Edmund Stoiber und der verheerenden taktischen Fehler seiner beiden Nachfolger Huber und Beckstein. Zu Recht haben die Wähler der CSU die Lederhosen ausgezogen.

Die vielen Blößen der CSU will jetzt Seehofer durch moderneres politisches Outfit im Land und im Bund bedecken. Wenn er es denn kann. Antreten muss er jedenfalls mit einigen Fragezeichen hinter seinem Format. Zwei Jahrzehnte operierte er in der Politik stets auf zweitrangigen Positionen der CSU. Als stellvertretender CSU-Chef, als Bundes-minister zweitrangiger Ministerien. Ohne die Fehler der Vorgänger und die Rachsucht Stoibers an denselben hätte Seehofer den Sprung auf den doppelt gepolsterten Sessel des Landesvaters und Parteichefs nicht geschafft.

Das setzt ihn unter Erwartungsdruck höchs-ten Grades und unter skeptische Blicke. Gleich beim Warmlaufen im neuen Amt ist er ausgerutscht. Michael Kemmer bleibt an der Spitze der BayernLB, obwohl Seehofer ihn ebenso kippen wollte wie Huber. Wer schon den ersten Machtkampf verliert, zudem gegen einen doch mittelmäßigen Gegner wie die bayerischen Sparkassen, sieht schlecht aus. Denn Seehofer steht unter enormen Zeitdruck. Das neue Image der CSU muss schnell her. In einem halben Jahr will sie bei der Europawahl wieder über 50 Prozent kommen. Sonst sitzt sie wohl nicht mehr im Europaparlament. Und Angela Merkel kann ihre absolut notwendigen 40 Prozent bei der Bundestagswahl vergessen. Sie sind nur erreichbar, wenn die CSU in Bayern mindestens wieder 50 Prozent bringt. Schafft Seehofer diese Ziele nicht, steht er unverzüglich als reiner Übergangskandidat in der Diskussion.

Die Bundestagswahl 2009 wird über die Frage entschieden, wer die größte wirtschaftspolitische Kompetenz den Wählern vermitteln kann. Und genau an dieser Stelle sieht die Union schwachmatischer aus als jemals zuvor seit Ludwig Erhard. Die Kanzlerin duldete bisher keine Wirtschaftspolitiker von Format neben sich. Mit Michael Glos sitzt ein persönlich völlig frustrierter und sachlich rundum unkundiger Minister im Wirtschaftsministerium, dem Schlüsselressort für den Kampf gegen Finanzkrise und akut drohende Rezession.

Das weiß Seehofer natürlich ganz genau. Seine Aufgabe wäre es, nicht nur einen CSU-Mann für sein bisheriges Ressort für Bauern und Verbraucher zu benennen. Die Union braucht für die Bundestagswahl schnellstens einen anderen Wirtschaftsminister. Es ist ja nicht so, dass die CSU keinen Mann für diesen schwierigen Job hätte. Zum Beispiel Peter Ramsauer. Der ist studierter Ökonom, spricht fließend Englisch und pflegt seit langem weltweit internationale Kontakte, auf die eine globale Wirtschaftspolitik dringend angewiesen ist. Es wäre Seehofers Pflicht der Kanzlerin grünes Licht für den Wechsel von Glos auf Ramsauer zu geben. Oder wenn der nicht will, die Position des Wirtschaftsministers der CDU zu überlassen, etwa einem Norbert Röttgen. Nachdem die CSU die wirtschaftspolitische Führung jetzt den Liberalen übergeben musste, sollte sie sich auch im Bund einer überfälligen sachgerechten Lösung nicht verschließen.

Mit einer härteren Gangart, sagt Seehofer, wolle er für die CSU in Berlin auftreten. Er wird aber scheitern, wenn er nicht zuerst einmal innerhalb der CSU so auftritt.