Kritik an Guttenberg Mit der Wahrheit auf Kriegsfuß

  • von Hans Peter Schütz
Dass bei der Bundeswehr einiges im Argen liegt, ist offenkundig. Verteidigungsminister Guttenberg gerät zunehmend unter Druck und er täte gut daran, der Wahrheit zu ihrem Recht zu verhelfen.

Es klingt nach Tatkraft, Aufklärungswillen und Wahrnehmung der politischen Verantwortung, wenn Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg jetzt eine Art Generalüberprüfung der Bundeswehr ankündigt. Bitte sehr, Herr Minister! Allzu regelmäßig landet die Bundeswehr immer wieder im Zwielicht von Skandalen, die ein charakteristisches Kennzeichen tragen: Die Bundeswehr steht mit der Wahrhaftigkeit auf Kriegsfuß.

Immer wieder wird die Informationspolitik nicht zur Aufhellung von Sachverhalten genutzt, sondern eher zur Verschleierung. Symptomatischer Vorgang: Die Kundus-Affäre. Guttenberg trug für die peinliche Schönrednerei dieses Debakels nur die sekundäre Verantwortung. Doch nimmt man die Aufklärung der jüngsten Vorgänge bei der Bundeswehr zum Maßstab, dann trifft ein Urteil absolut ins Schwarze: Was korrekte Informationsarbeit betrifft, ist Guttenberg noch nicht über das bescheidene Niveau seines Amtsvorgängers Franz Josef Jung hinausgekommen.

Bürokratische Gleichgültigkeit gegenüber der Mutter

Zwei Dinge bedürfen indes keineswegs intensiver Prüfung, um sie als absolut inakzeptabel zu befinden. Zum einen, dass die Mutter der auf der "Gorch Fock" tödlich verunglückten Soldatin Klage erheben muss, um auch nur halbwegs offen und einfühlsam über den Tod ihrer Tochter informiert zu werden. Es offenbart sich hier eine bürokratische Gleichgültigkeit gegenüber dem Schmerz einer Mutter, die gerade ein Minister Guttenberg nicht eine Sekunde dulden sollte. Er sollte vielleicht einmal seine Ehefrau Stephanie über derartige Gefühlslagen befragen.

Zum zweiten ist es gewiss keine Frage der inneren Führung, dass der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Kossendey (CDU), einen Monat nach dem Tod eines Soldaten in Afghanistan den Verteidigungsausschuss mit oberflächlichem Gerede über den tatsächlichen Ablauf bedient hat. Und dies, obwohl im Ministerium zu diesem Zeitpunkt längst eindeutige Informationen darüber vorlagen, dass der Tote offenbar das Opfer eines leichtfertigen Umgangs beim Waffenreinigen durch einen Kameraden geworden ist. Erneut ist hier das Parlament nicht mit dem vollständigen Wissen des Ministeriums bedient worden. Die Schummelei von Kundus lässt grüssen. Damals wurden Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und der Staatssekretär Peter Wichert gefeuert. Jetzt wäre Kossendey dran, der CDU-Abgeordneter ist und bei dem die Missachtung des zuständigen Parlamentsgremiums besonders schwer wiegt.

Warum ordnet der Minister keine Aufklärung an?

Dass jetzt in diesen Zusammenhängen der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus, ein FDP-Mann, als Nervensäge dargestellt wird oder gar als ein von der FDP vorgeschobener Anti-Guttenberg-Kämpfer, kann nicht akzeptiert werden. Es ist die Pflicht des Wehrbeauftragten, unbequem kritisch zu sein. Soll er denn schweigen, wenn wochenlang etwa beim Thema "Gorch Fock" von Drangsalierung der Kadetten und sexuellen Übergriffen getuschelt wird?

Dass vom Minister nicht selbst längst intensive Aufklärung angeordnet worden ist, darüber muss geredet werden. Erst recht, da der Minister, wie die SPD richtig feststellt, im Gegensatz zu sonst von einer "erstaunlichen Sprachlosigkeit" befallen worden ist. Für die Kerner-Talkshow ist sich Guttenberg auch nicht zu schade gewesen, obwohl die allein die Bundeswehr 17.000 Euro gekostet haben soll. Und überdies hatte er nach der Kundus-Affäre versprochen, brisante Vorfälle bei der Bundeswehr offen zu diskutieren. Alsdann!