Der frühere Verteidigungs- und jetzige Arbeitsminister Franz Josef Jung (CDU) will trotz neuer Vorwürfe zu seinem Vorgehen nach dem Luftschlag in Afghanistan im Amt bleiben. Er habe sich sofort um eine "sachgerechte Aufklärung" bemüht und das Parlament sowie die Öffentlichkeit "korrekt über seinen Kenntnisstand informiert", sagte Jung in einer eigens anberaumten Debatte im Bundestag über die Vorwürfe zur Informationspolitik über den Luftschlag in Nordafghanistan am 4. September.
Jung erst spät informiert
Zuvor war bekannt geworden, dass während der Amtszeit Jungs innerhalb der Bundeswehr falsche Angaben über die Zahl der zivilen Opfer bei dem Angriff gemacht wurden. Dabei wurden nach Nato-Angaben bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt, darunter 30 bis 40 Zivilisten. Jung hatte sich öffentlich nicht klar positioniert, ob es auch zivile Opfer gegeben habe.
Jung sagte, er habe den Bericht der in Kundus eingesetzten deutschen Militärpolizei nach eigenen Erinnerungen am 5. oder 6. Oktober und damit einen Monat nach dem Luftschlag erhalten. Ohne nähere Kenntnisse vom Inhalt habe er dieses Dokument an die Nato für deren eigene Untersuchungen weitergeleitet. Zu keinem Zeitpunkt habe er das Parlament belogen, betonte Jung.
Gysi fordert Jungs Rücktritt
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte am Morgen bestätigt, dass Angaben zu zivilen Opfern im Ministerium zurückgehalten worden waren. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert übernahmen die Verantwortung dafür und wurden entlassen. Die Unionsfraktion gab bekannt, dass sie einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss unterstützen werde, wenn er von der Opposition beantragt werde. Darüber wird möglicherweise in der Sondersitzung des Verteidigungsausschusses am Freitag entschieden.
Der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi forderte Jung zum Rücktritt auf. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin beschuldigte Jung, im Parlament die Unwahrheit gesagt zu haben. In einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses an diesem Freitag müssten jetzt alle Fakten auf den Tisch gelegt werden.
Scharfe Kritik von der SPD
Die SPD kritisierte Jungs Informationspolitik scharf. Von einem Minister erwarte man, dass er, "auch wenn es schwierig wird, politische Verantwortung übernimmt", sagte SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold im Bundestag. Er warf Jung eine "Salami-Taktik" vor.
Die FDP-Sicherheitsexpertin Elke Hoff warnte aber, vorschnell ein Urteil zu fällen. "Es geht um einen sehr ernsten Sachverhalt. Wir sollten uns hüten vor Vorverurteilungen vor einer lückenlosen Aufklärung im Deutschen Bundestag", sagte sie. Dies liege auch im Interesse der Soldaten der Bundeswehr.