Migranten in Deutschland Böhmer fordert nationale Bildungsoffensive

Staatsministerin Maria Böhmer hat die Situation von Migranten in Deutschland als teils alarmierend bezeichnet und eine nationale Bildungsoffensive gefordert. Trotz Fortschritten sei im Bildungs- und Ausbildungsbereich und auf dem Arbeitsmarkt die Situation nach wie vor dramatisch, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hat "mehr Tempo und mehr Intensität" gefordert bei der Umsetzung von Fördermaßnahmen für Ausländer. In den Bundesländern gebe es "Umsetzungsprobleme", sagte sie anlässlich der Vorstellung des 8. Berichts über die Lage der Ausländer in Deutschland am Mittwoch in Berlin. Die Grünen kritisierten den Bericht als "Liste der Versäumnisse".

Böhmer hatte erstmals nicht nur Ausländer, sondern auch Deutsche mit Migrationshintergrund in den Bericht einbezogen. Basierend auf Angaben aus dem Mikrozensus 2008 ergab sich: Jeder Fünfte in Deutschland gehört zu der Gruppe von Menschen mit Migrationshintergrund. Das sind rund 15,6 Millionen Personen, mehr als die Hälfte von ihnen hat einen deutschen Pass.

Böhmer hob die hohe Zahl von Jugendlichen mit Migrationshintergrund hervor, die keinen Schulabschluss haben. Zwischen 2005 und 2009 stieg ihr Prozentsatz von 10,8 auf 13,3 Prozent. Zum Vergleich: Bei den Deutschen ergab sich eine Steigerung von 5,4 auf 7,0 Prozent.

Der Bericht stellt außerdem fest, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund länger brauchen als andere, um einen Ausbildungsplatz zu finden. Während ein Jugendlicher ohne Migrationshintergrund im Schnitt drei Monate nach dem Schulabschluss einen Ausbildungsplatz gefunden hat, ist das bei jungen Migranten erst nach 17 Monaten der Fall. Bei der Arbeitslosigkeit ist die Quote der Menschen mit Migrationshintergrund doppelt so hoch (2008: 12,4 Prozent) wie von Einheimischen ohne Migrationshintergrund (2008: 6,5 Prozent).

Böhmer bezeichnete das laufende Jahrzehnt als entscheidend dafür, den Zusammenhalt zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu sichern. "Wir müssen es schaffen, dass die junge Generation der Migranten eine Generation der Gewinner wird", sagte sie.

Sie wies darauf hin, dass 600.000 Migranten bisher an Integrationskursen teilgenommen haben und die Nachfrage ständig wachse. Insgesamt gebe die Bundesregierung 233 Millionen Euro für die Kurse aus. Als positiv hob Böhmer die hohe Quote von Selbstständigen mit Migrationshintergrund hervor. Sie liege mit 11,2 Prozent nur wenig unter dem Gesamt-Durchschnittswert von 12,8 Prozent.

Laut Bericht leben rund vier Millionen Muslime in Deutschland, also fast eine Million mehr als bisher angenommen. 45 Prozent von ihnen haben die deutsche Staatsangehörigkeit.

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir kritisierte die Bundesregierung, sie lasse die Integrationspolitik "links liegen", der Bericht sei eine "Liste der Versäumnisse". "Überall in Deutschland leben junge Özils und Khediras der Chemie und Mathematik, deren Karriere aber viel zu oft schon mit zehn Jahren bei der Anmeldung in der Hauptschule endet", erklärte Özdemir in Anspielung auf die deutschen Nationalspieler. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, nannte die hohe Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss "skandalös". Das Thema Integration sei für die schwarz-gelbe Koalition eine "Luftblase".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung in der SPD, Eva-Maria Stange, forderte mehr frühkindliche Förderung und schlug ein "Bund-Länder-Programm Integration" vor. Dieses solle unter anderem einen gebührenfreien Zugang zu Kindertagesstätten und die Schaffung von Kita-Sprachförderangebote beinhalten.

AFP/APN