Es war eine schnelle, eine zackige Entscheidung, nur kurz nach der Klatsche der Wähler. Dieter Althaus hört auf, als Ministerpräsident und auch als CDU-Chef in Thüringen. Und eine Reihe von Kandidaten für seine Nachfolge im Amt des Regierungschefs steht auch schon bereit: Finanzministerin Birgit Diezel wird gehandelt, ebenso CDU-Fraktionschef Mike Mohring und eben jene Theologin, die Sozialministerin Christine Lieberknecht. Die hätte vor allem einen Vorteil: Sie ist auch bei dem mutmaßlichen künftigen Koalitionspartner, der SPD Christoph Matschies, wohl gelitten. Matschie wird für die Genossen die Koalitionsverhandlungen mit der CDU führen. Und auch Heiko Gentzel, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag, sagt über Lieberknecht: "Das ist einer der wenigen Namen, die vorstellbar sind."
Im Tandem mit Angela Merkel
Die evangelische Theologin Lieberknecht ist weder in Thüringen noch in der Bundes-CDU ein unbeschriebenes Blatt. Zu DDR-Zeiten arbeitete die heute 51-Jährige als Pastorin und engagierte sich politisch in der Ost-CDU. Im September 1989 machte sie erstmals Furore, als sie mit vier anderen Ost-CDU-Mitgliedern den so genannten "Weimarer Brief" verfasste. Hierin forderten die Unterzeichner, mit der Staatspartei SED zu brechen und die Gesellschaft zu reformieren. Ihr Mut wurde belohnt: Lieberknecht wurde in den Bundesvorstand der Ost-CDU unter dem Vorsitzenden Lothar de Mazière, dem letzten Ministerpräsidenten der DDR, gewählt.
Gemeinsam mit Angela Merkel stieg Christine Lieberknecht auch in der Bundespolitik auf. Mit der Unterstützung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl wurden die beiden Pfarrerstöchter 1991 in das Präsidium der Bundes-CDU gewählt. Kurz darauf begehrte Lieberknecht erneut gegen die eigene Parteispitze auf: Gemeinsam mit anderen CDU-Politikern erzwang sie den Rücktritt des damaligen thüringischen Ministerpräsidenten Josef Duchac, in dessen Kabinett Lieberknecht als Ministerin für Kultur tätig war.
Lieberknecht gibt sich loyal
Geschadet hat ihr der angebliche Könisgmord nicht: Die Mutter von zwei Kindern und dreifache Großmutter, diente fortan der Thüringer Landesregierung unter Ministerpräsident Bernhard Vogel. Zunächst war sie Ministerin für Bundesangelegenheiten, später, ab 1999, Landtagspräsidentin. Ihre auf Ausgleich bedachte Amtsführung hat ihr jene Anerkennung in der Opposition eingebracht, die sie heute fast schon zur Ministerpräsidentin einer großen Koalition vorherbestimmt.
Die Spekulationen über ihre Zukunft als künftige Regierungschefin in Thüringen werden Lieberknecht nicht entgangen sein. Doch bis zu seinem Abgang hat sie sich gegenüber Althaus bedingungslos loyal verhalten. Als Althaus nach seinem Skiunfall im Krankenhaus lag und seine Zukunft ungewiss war, hätte die Sozialministerin nach dessen Macht greifen können, aber tat es nicht. Noch am Dienstag nach der Landtagswahl sagte sie nach einer CDU-Fraktionssitzung in Erfurt: "Wenn die Roten wie ein Hühnerhaufen herumrennen und sich nicht einig sind, werden wir erst recht Geschlossenheit zeigen." Die Partei habe mit Althaus den Wahlkampf bestritten, er werde wieder das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen. Doch diese Option ist jetzt passé.