Der frühere Chef-Ermittler im Fall Barschel sieht nach dem Auftauchen neuer Genspuren seinen Mordverdacht erhärtet. Die Spur eines Fremden in dem Genfer Hotelzimmer, in dessen Badewanne die Leiche des früheren schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel im Oktober 1987 gefunden wurde, sei eine Bestätigung der damaligen Ermittlungen, sagte Heinrich Wille der Zeitung "Die Welt". Schon damals sei er zu dem Schluss gekommen, dass Barschel in der Todesnacht nicht allein in dem Zimmer war.
Wille forderte die Lübecker Staatsanwaltschaft auf, die neuen Erkenntnisse mit der Datenbank für genetische Fingerabdrücke des Bundeskriminalamtes (BKA) abzugleichen. "Das ist ein Versuch wert, zumal sich für mich der Anfangsverdacht auf Mord im Laufe der Ermittlungen erhärtet hat. Das bedeutet, dass das Verfahren wieder aufgenommen werden muss, wenn es neue Erkenntnisse gibt", sagte der mittlerweile pensionierte Staatsanwalt.
Doch helfen die neuen Spuren bei der Lösung des Falls? Sicher ist bislang nur, dass Barschel 1987 in einen der größten deutschen Politskandale verwickelt war, bei dem SPD-Spitzenkandidat Björn Engholm illegal ausgespäht und denunziert wurde. Als Ministerpräsident gab Barschel damals sein "Ehrenwort", dass die Vorwürfe haltlos seien. Rund eine Woche später trat er zurück, noch drei Wochen später war er tot.
Jemand hat DNA-Spuren am Tatort hinterlassen
Laut Obduktion starb Barschel an einer Medikamentenvergiftung. Bis heute rätseln Ermittler, ob er sich wenige Wochen nach seinem Rücktritt als Kieler Regierungschef in der sogenannten Waterkant-Affäre selbst umbrachte oder ermordet wurde.
Am Wochenende war bekanntgeworden, dass Spezialisten des Landeskriminalamtes Kiel an der Kleidung des Toten die DNA eines Unbekannten sichergestellt haben. Demnach hinterließ ein und dieselbe Person Spuren an Socken, Krawatte und der Strickjacke Barschels.
Selbst die Staatsanwaltschaft Lübeck wollte die Mordtheorie nach früheren Ermittlungen nicht ausschließen, stellte aber 1989 dennoch die Ermittlungen ein. Sie erklärte, es gebe keine Perspektive für weitere Untersuchungen. Diese könnten aber jederzeit wieder aufgenommen werden.
Die Ermittlungen im Fall Barschel standen über die Jahre immer wieder im Zeichen von Pleiten, Pech und Pannen. Noch im vergangenen Jahr hatte die Generalstaatsanwaltschaft nach einer Strafanzeige von Barschels Witwe Freya wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt die Kieler Anklagebehörde mit einer Untersuchung beauftragt. In der Anzeige gegen Unbekannt ging es um ein fremdes Haar aus Barschels Genfer Hotelbett, das bei der Staatsanwaltschaft Lübeck verschwunden war.