Nach seinem umstrittenen Vergleich von Türken und Juden räumt der Direktor des Essener Zentrums für Türkeistudien (ZfT), Faruk Sen, zum Jahresende seinen Posten. Er sei ab sofort freigestellt, teilte der Kuratoriumsvorsitzende und Düsseldorfer Integrationsminister, Armin Laschet, nach einem Krisengespräch in Düsseldorf mit. Das Arbeitsverhältnis werde zum 31. Dezember in gegenseitigem Einvernehmen gelöst. Bis dahin werde Sen bereits mit dem Aufbau einer deutsch-türkischen Universität in Izmir beginnen.
Lange Auseinandersetzung drohte
Der 60-jährige Wissenschaftler wie auch der Vorsitzende des ZfT-Vorstands, Fritz Schaumann, begrüßten den gefundenen Kompromiss. Sen war von seinen Aufgaben an dem Institut entbunden worden, weil er die heutige Situation der Türken in Europa in einem türkischen Zeitungsbeitrag mit der Judenverfolgung zur Zeit des Nationalsozialismus verglichen hatte. Der Zentrumsdirektor, der sich für seinen Vergleich entschuldigte, drohte angesichts der ihm drohenden fristlosen Entlassung daraufhin mit einer langwierigen juristischen Auseinandersetzung.
Erst nachdem sich der CDU-Politiker und Kuratoriumsvorsitzende Laschet als Vermittler eingeschaltet hatte, zeichnete sich eine gütliche Einigung in dem seit knapp drei Wochen dauernden Streit ab. Rückendeckung hatte Sen nicht nur von zahlreichen türkischen Gemeinde sondern auch vom Zentralrat der Juden in Deutschland bekommen.
Sen ist zufrieden
Laschet und der Zft-Vorstandsvorsitzende Schaumann erklärten nun, sie seien froh, dass Sen seine jahrzehntelange Erfahrungen in Deutschland und der Türkei in die Gründung der bereits seit langem geplanten deutschsprachigen Hochschule in der Türkei einbringen könne. Die Universität sei ein bedeutender Schritt für die deutsch-türkischen Beziehungen.
Auch dem 60-Jährigen kam die nun gefundene Regelung entgegen: "Mit dem Ergebnis bin ich zufrieden", sagte er der Nachrichtenagentur AP. "Ich wollte 2010 aufhören, um für den Aufbau der Universität zu arbeiten. Jetzt ist es ein Jahr vorher, und bis 65 wollte ich ohnehin nicht bleiben." Er freue sich sehr auf die neue Aufgabe und werde auch weiterhin als Berater der Landesregierung tätig sein, betonte Sen.

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Beitrag zur Integration geleistet
Laschet hatte die "außergewöhnliche Lebensleistung" Sens trotz dessen Kritik an dem Türken-Juden-Vergleich immer wieder hervorgehoben. Auch am Dienstag erklärte der nordrhein-westfälische Minister, mit seinem Engagement für die türkischstämmigen Menschen in Deutschland und für die deutsch-türkischen Beziehungen habe Sen einen wesentlichen Beitrag zur Integration geleistet. Das hohe nationale und internationale Ansehen des Zentrums sei Ausdruck dieser Leistung.
Mit Sens Abgang steht die Stiftung, die sich seit 23 Jahren der Erforschung der Lebensverhältnisse türkischer Migranten widmet, vor einem Neubeginn: Ein Nachfolger für den 60-Jährigen ist nach Ministeriumsangaben noch nicht in Sicht. Auf der nächsten regulären Sitzung des Kuratoriums am 15. September sollen daher eine Findungskommission eingerichtet werden und eine Ausschreibung erfolgen, wie eine Sprecherin sagte.
Sen erklärte, er sei bereit bei der Suche nach einem Nachfolger oder dessen Einarbeitung zu helfen. Dabei wolle er natürlich auch einige Empfehlungen machen: "Ich werde einige gute Leute ansprechen und sie auffordern, sich als mein Nachfolger zu bewerben."