Die hessische SPD-Spitze hat Landeschefin Andrea Ypsilanti Rückendeckung für ein Bündnis mit der Linkspartei gegeben. Einstimmig beschloss der Vorstand am Mittwochabend in Frankfurt am Main bei einer Enthaltung einen Zeitplan für einen Regierungswechsel in Hessen. So soll der nächste Parteitag vom 13. September auf den 4. Oktober verschoben werden. In der Zeit bis dahin sollen die möglichen Optionen für einen Machtwechsel auf vier Regionalkonferenzen mit der Parteibasis besprochen werden.
Landeschefin Ypsilanti sprach von einem "ergebnisoffenen Prozess", der nun in Gang gesetzt werde. Den Wählern sei man den Politikwechsel schuldig. "Wir wollen die Klöße einen nach dem anderen schlucken, damit wir uns nicht verschlucken", sagte sie. In der Diskussion werde es auch um den Umgang mit der Linkspartei und eine mögliche Minderheitsregierung gehen. In diesem Zusammenhang soll der geschäftsführende Landesvorstand einen Kriterienkatalog erarbeiten, der als Grundlage für die Klärung weiterer offener Fragen im Umgang mit den Linken dienen soll.
Der Zeitplan der Hessen-SPD
13.8. - Sitzung des Landesvorstands
3.9. - Sitzung des Landesvorstands und des Parteirats
4.9. - Regionalkonferenz Rhein-Main
12.9. - Regionalkonferenz Nordhessen
13.9. - Regionalkonferenz Mittelhessen
18.9. - Regionalkonferenz Südhessen
3.10. - Sitzung des Landesvorstands
4.10. - Sitzung des Landesparteitag
Über die Ergebnisse der Beratungen soll nach Ypsilantis Worten der außerordentliche Parteitag Anfang Oktober entscheiden. Dann könne es ein Startsignal für Koalitionsverhandlungen mit den Grünen und Gespräche mit den Linken geben. Auch jetzt sei man bereits mit Abgeordneten der Linken in Kontakt. Das sei aber in der parlamentarischen Arbeit normal.
Große Koalition auch möglich
In dem Beschluss hält sich die SPD-Führung zwar verschiedene Koalitionsmöglichkeiten offen. Neben einer Koalition mit den Grünen, die auf einer Tolerierung durch die Linkspartei angewiesen wäre, lässt er auch die Bildung einer Großen Koalition in Hessen zu. Allerdings verwies Ypsilanti auf den Hanauer Parteitagsbeschluss, wonach ein solches Bündnis ausgeschlossen ist. Sie könne sich eine Rücknahme dieses Votums nicht vorstellen. Am Ende könne aber auch das Ergebnis stehen, dass eine Stimme Mehrheit im Fall einer Tolerierung durch die Linke zu wenig sei.
Der Vorstand sei sich einig, dass es in den kommenden Wochen eine breite Diskussion in der Partei geben müsse. Es gebe "viele Hürden, die zu nehmen sind", erklärte Ypsilanti und fügte hinzu: "Wir wollen miteinander ringen." Dabei sollten möglichst viele Stimmen zu Wort kommen. Dafür sei die Zeit bis zum 13. September zu kurz.
Rücksicht auf bayerische Genossen
Mit der Verschiebung des Parteitags nimmt die hessische SPD Rücksicht auf die bayerische Landespartei, die sich derzeit im Wahlkampf befindet. Am 28. September ist in Bayern Landtagswahl. Neben den vier Regionalkonferenzen soll am 3. September auch ein kleiner Parteitag einberufen werden.

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Mit Blick auf die Politik ihrer Partei zog Ypsilanti ein positives Fazit: Einiges sei vorzeigbar, beispielsweise in der Bildungspolitik, betonte sie und verwies auf die Abschaffung der Studiengebühren. Bei den Vorhaben sei ihre Partei von den Grünen und zum Teil auch von der Linkspartei unterstützt worden. Dagegen habe sich die Regierung unter dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) auf ihr Tagesgeschäft verlegt und sich häufig genug nicht als Partner des Parlamentes erwiesen.
Die Grünen sind skeptisch
Derweil sehen die hessischen Grünen den von Ypsilanti angestrebten Machtwechsel als akut gefährdet an. "Der Regierungswechsel droht an der Linkspartei zu scheitern", sagte der hessische Grünen-Chef Tarek Al-Wazir in Wiesbaden. Sollten die Positionen des Linken-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Gehrcke auf dem bevorstehenden Landesparteitag seiner Partei eine Mehrheit finden, werde es keine rot-grüne Minderheitsregierung geben, sagte Al-Wazir. Gehrcke hatte in einem Interview erklärt, die Linke werde der hessischen SPD-Landesvorsitzenden für eine Zusammenarbeit keine weitreichenden Zusagen machen.