Typisch Angela Merkel. Zwar wünscht sich die Kanzlerin, dass die Länder mit ihrem Antrag, die NPD zu verbieten, beim Verfassungsgericht Erfolg haben. Aber die ranghöchste politische "Mutti" hat nicht den Mut, sich mit eigener juristischer Verantwortung an die Seite des Bundesrats zu stellen. Bloß kein Risiko - schließlich ist die Politik vor zehn Jahren schon einmal beim NPD-Verbot gescheitert. "Respekt" lässt sie den Ländern über ihren Regierungssprecher ausrichten. Und der erklärt dann auch noch, dass die NPD eine antidemokratische, antisemitische, fremdenfeindliche und verfassungsfeindliche Partei sei.
Man muss sich wundern. Wenn zutrifft, was der Regierungssprecher sagt - und in dem Antrag der Länder ist all das ausführlich belegt - dann wäre es eigentlich die demokratische Pflicht der Kanzlerin, sich mit der Regierung dem Verbotsantrag anzuschließen. Aber Merkel hält sich fein raus und schwächt damit faktisch die Position der Länder. Und ihr CSU-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich darf auch noch den unsäglichen Kommentar abliefern: "Das machen wir nicht mit, die Länder sollen alleine verlieren."
Der Spuk war nie zu Ende
Das ist ja praktisch ein vorgezogener Freispruch der rechtsextremen Partei. Eigentlich ist der Bundesinnenminister von Amts wegen zuständig, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu verteidigen. Geht er von vornherein von einer juristischen Niederlage in Karlsruhe aus, legt er die Hände in den Schoß, statt gegen diese fremdenfeindliche, hasserfüllte Organisation zu kämpfen. Die NPD bezeichnet die Bundesrepublik als "Demokratur" und der stellvertretende Parteichef Klaus Richter drohte den Repräsentanten der Demokratie schon 2010: "Wer mit der Fremdherrschaft ins Bett stieg, gehört weg, ohne viel Federlesen, Kroppzeug, das man ausmisten muss."
Das ist nur eine von vielen bösartigen Hetzreden, die in der neuen, ohne die Mithilfe von "V-Leuten" zusammengetragenen Dokumentation des Bundesrats nachzulesen sind. Es ist zwar gut und richtig, in einer Demokratie mit dem Instrument des Parteienverbots besonders sorgfältig und achtsam umzugehen, damit es nicht zur Waffe im normalen politischen Kampf missbraucht wird. Aber die Bundesrepublik trägt nach der Nazi-Diktatur und ihren millionenfachen Morden eine ganz besondere Verantwortung, den Braunen und ihren Apologeten keinen Millimeter Spielraum zu geben. Besondere Konsequenz lässt sich den deutschen Regierungen dabei nicht nachsagen. In den ersten zwei Jahrzehnten nach dem Ende Adolf Hitlers wurden Altnazis beim Bundesnachrichtendienst und in anderen prominenten politischen Ämtern weiterbeschäftigt. Und die NSU-Mordserie hat erst jüngst bewiesen, dass der Spuk nie ein Ende hatte.
Nahezu bankrotte Splitterpartei
Richtig ist, dass diese NPD mit 1,3 Prozent Wählern eine Splitterpartei ist, obendrein praktisch bankrott. Trotzdem darf sie nicht fahrlässig verharmlost werden. Viele ihrer Anhänger sind bereits wegen rechtsextremer Straftaten verurteilt worden. Und ganz besonders auffällig ist ihre aggressive Meinungsmache vor allem in den neuen Ländern, etwa in Mecklenburg-Vorpommern oder in Sachsen. Auch das ist ein Grund, weshalb Bundeskanzlerin Merkel sich persönlich und intensiver als bisher einschalten sollte. Der Vorstoß der Länder hat mehr verdient als ein freundlich hin geflötetes "Respekt".