Die Karriere des ehemaligen stellvertretenden FDP- Vorsitzenden Jürgen Möllemann in der Bundestagsfraktion der Freidemokraten ist beendet. Mit großer Mehrheit schloss die Fraktion am Dienstag den ehemaligen FDP-Spitzenpolitiker aus, der sich in einem Flugblatt mit Passagen gegen die Politik der israelischen Regierung ins politische Abseits gebracht hatte. Mit der eindeutigen Entscheidung wurde nach Meinung führender Freidemokraten die Position von Parteichef Guido Westerwelle gestärkt.
Nur eine Gegenstimme
Für den Ausschluss votierten 39 von 45 anwesenden FDP- Abgeordneten. Ein Parlamentarier votierte gegen den Rauswurf und fünf enthielten sich der Stimme. Für den Ausschluss war eine Zwei- Drittel-Mehrheit von 32 der insgesamt 47 FDP-Abgeordneten erforderlich. Möllemann war nicht anwesend. Westerwelle sagte, das Votum sei «deutlich und eindeutig» ausgefallen.
Fraktion hatte keine Geduld mehr
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt sagte, die Abgeordneten hätten «bis zur Erschöpfung» Geduld mit Möllemann gezeigt. Jetzt müsse die Fraktion auf ihr Ansehen achten und könne befreit zur politischen Sacharbeit zurück kehren. Möllemanns Verhalten sei nicht mehr akzeptabel für sie gewesen. Es habe ein «Mindestmaß an Vertrauen und gemeinsamer Zielgerichtetheit» gefehlt.
NRW-FDP begrüßte Ausschluss
Der Landesvorsitzende der nordrhein-westfälischen FDP, Andreas Pinkwart, begrüßte den Möllemann-Ausschluss. «Damit ist im notwendigen Trennungsprozess zwischen der Partei und Herrn Möllemann ein wichtiges Etappenziel erreicht», erklärte er in Düsseldorf.
Verzicht auf Mandat angekündigt
Möllemann hatte bereits vor der mit Spannung erwarteten Abstimmung den Verzicht auf sein Bundestagsmandat in einem Schreiben an Gerhard in Aussicht gestellt. Darin teilte er mit, «im Laufe des Monats März» auf sein bei der Bundestagswahl errungenes Mandat zu verzichten. Der ehemalige Parteivize meinte, mit dieser Entscheidung sei seine ebenfalls für den Dienstag geplante Anhörung überflüssig. Weder Gerhardt noch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, dem Möllemann den Schriftverkehr mit dem Fraktionschef übermittelte, sahen diese Ankündigung als rechtsverbindlich an.

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Parteiausschlussverfahren läuft noch
Gegen Möllemann läuft auch noch ein Parteiausschlussverfahren. In der vergangenen Woche war der Versuch der FDP-Spitze, ihn auch aus der Landtagsfraktion zu drängen, mit einer Stimme an der nötigen Zweidrittelmehrheit gescheitert.
Verwirrendes Hickhack um Mandat
Noch am Wochenende hatte Möllemann angekündigt, er wolle sein Bundestagsmandat auch bei einem Ausschluss aus der Fraktion in Berlin behalten. Darauf hatte ihm der Fraktionschef der Freidemokraten im Landtag, Ingo Wolf, Täuschung vorgeworfen. Aus den Reihen der Landtagsfraktion war der Ruf nach einem neuerlichen Ausschlussantrag gegen ihren früheren Vorsitzenden laut geworden.
Möllemann spricht von «Hinrichtungsaktion»
Jürgen Möllemann hat seinen Ausschluss aus der Bundestagsfraktion scharf kritisiert. «Jedem ist jetzt spätestens klar, eine gezielt geplante Hinrichtungsaktion durfte nicht aufgehalten werden», sagte Möllemann am Dienstag in Düsseldorf. «Mit Vernunft hat das nichts mehr zu tun. Der FDP und dem Ansehen des Liberalismus dient das am Allerwenigsten.»
Neues Aufgabengebiet
Er wolle seine politische Arbeit jetzt ganz auf die Landtagsfraktion konzentrieren und dort im Aufgabengebiet Schule und Hochschule tätig sein, kündigte Möllemann an. Das sei nach ersten Gesprächen mit der Fraktionsführung «ziemlich realistisch». Der FDP-Politiker will gegen das Parteiausschlussverfahren vorgehen. «Ich werde in diesem Schiedsgerichtsverfahren darum kämpfen, in meiner politischen Familie, der FDP, weiter tätig sein zu können», sagte er.