Mit dem CSU-Politiker Norbert Geis hat erstmals ein Bundestagsabgeordneter der Union den geplanten Ausschluss des wegen antisemitischer Äußerungen umstrittenen CDU-Politikers Martin Hohmann öffentlich kritisiert.
Einer Mitteilung des Bayerischen Rundfunks zufolge, sagte Geis heute, "Ich halte die Entscheidung für einen menschlichen Fehler". Hohmanns Rede sei falsch verstanden worden. "Man muss den Text im Zusammenhang sehen, und wenn man ihn im Zusammenhang liest, dann kann man nicht zu dem Ergebnis kommen, Hohmann sei Antisemit", zitierte der Sender Geis weiter. Hohmanns Rede sei keine gute Rede gewesen und habe zu Missverständnissen Anlass gegeben. Eine abschließende Beurteilung stehe noch aus. "Die Entscheidung über diese Rede ist noch nicht getroffen (...)", sagte Geis.
Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hatte am Montag den Antrag gestellt, Hohmann aus der Fraktion auszuschließen. Auch aus der Partei soll Hohmann ausgeschlossen werden.
Am Dienstag hatte Hohmann nach Angaben von Teilnehmern während einer Anhörung in der Fraktion seine Rede verteidigt und eine eindeutige Distanzierung erneut abgelehnt. Hohmann hat nach eigenen Angaben eine Reihe von Schreiben erhalten, die ihn in seiner Haltung unterstützen. Auf der Internet-Seite der CDU hatte es an dern Ausschluss-Plänen sowohl Lob als auch Kritik gegeben.
Historiker Baring nennt Hohmann-Rauswurf "Armutszeugnis für Union"
Der Historiker Arnulf Baring hat heftig die Entscheidung der Union kritisiert, ihren mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontierten Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann (CDU) aus Fraktion und Partei auszuschließen. "Natürlich ist seine Rede problematisch, aber sein Ausschluss ist ein Armutszeugnis für die Union wie für das liberale Grundverständnis dieses Landes", sagte Baring am Dienstagabend in der BR-Fernsehsendung "Münchner Runde".
Die CDU-Führung sei vor der öffentlichen Meinung in Deutschland eingeknickt. "Wir haben offenbar eine Gesinnungsdiktatur. Hohmann ist nun wirklich kein Geistesriese, aber Irrtümer und Unwahrheiten muss man mit der Vernunft bekämpfen." Die Partei weiche vor einer vermeintlichen politischen Korrektheit zurück, "die so nicht in Ordnung ist".
Hohmann hatte seine als antisemitisch kritisierte Rede zum 3. Oktober am Dienstag in einer Fraktionsdebatte nach Teilnehmerberichten erneut verteidigt. Der stellvertretende Fraktionschef Wolfgang Schäuble sagte danach im Chat beim Internetangebot tagesschau.de: "Herr Hohmann hat gesagt, seine Äußerungen seien nicht antisemitisch gemeint. Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber unsere Überzeugung ist, dass man insoweit nicht einmal zu Missverständnissen Anlass geben darf. Und die Chance ausreichende Klarheit zu schaffen, hat er leider nach unserer Auffassung nicht genutzt." Hohmanns Ausschluss aus der Fraktion wird bei der Abstimmung an diesem Freitag nur noch als Formsache angesehen - die Frage ist aber, ob es überhaupt Gegenstimmen gibt.