Politischer Aschermittwoch Ein Baron auf allen Tagesordnungen

Derbe Kost am politischen Aschermittwoch. Während Union und Opposition sich im Fall Guttenberg gegenseitig scharf kritisieren, attackiert die FDP vor allem die Grünen.

Viel Hohn und Spott, aber auch jede Menge Rückendeckung für Karl-Theodor zu Guttenberg: Die Plagiataffäre und der Rücktritt des CSU-Verteidigungsministers haben den Politischen Aschermittwoch beherrscht. Unter lautem Jubel kündigte CSU-Chef Horst Seehofer an, "alles dafür zu tun", dass Guttenberg rasch wieder politisch aktiv wird. Grüne, SPD und Linke verhöhnten dagegen den Ex-Minister und den Umgang der Union mit der Affäre. CDU-Chefin Angela Merkel verbat sich Kritik.

Kanzlerin Angela Merkel lobte den früheren Verteidigungsminister in ihrer Rede vor der CDU Mecklenburg-Vorpommern. Sie dankte ihm für klare Worte zur Bundeswehrreform und zum Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan. Denn bei CSU und CDU ist Guttenberg trotz seiner Plagiatsaffäre noch immer beliebt. Das zählt vor so wichtigen Landtagswahlen wie in Baden-Württemberg.

Merkel räumt ein, dass Guttenberg schwere Fehler gemacht hat, aber sie nutzt die Affäre auch zur Attacke auf die Opposition. Die Koalition versucht, nach dem Rücktritt des Hoffnungsträgers - der vor kurzem noch als potenzieller Merkel-Konkurrent galt - wieder selbst Tritt zu fassen. CSU-Chef Horst Seehofer verspricht Guttenberg in seiner Rede in Passau quasi, Guttenberg in die Politik zurückzuholen. "Karl-Theodor zu Guttenberg hat an seinem politischen Talent, an seiner Leistung für unser Vaterland nichts verloren dadurch, dass er die Stärke gehabt hat, zu Fehlern zu stehen", sagt der CSU-Frontmann.

Seehofer wäre aber nicht Seehofer, wenn er nicht auch kleine Spitzen verteilen würde - auch auf Kosten des Koalitionspartners FDP. "Guido ist hier", sagt er süffisant, denn nicht weit weg in Straubing redet der FDP-Vorsitzende, den er seit der Geburt der schwarz-gelben Koalition duzt. "Mittlerweile freut es mich, dass er lieber bei Horsti in Bayern ist als bei Mutti in Berlin." Und weil Horsts Duz-Freund Westerwelle schon zum vergangenen Aschermittwoch in Bayern war, bietet Seehofer ihm an, ihn in Bayern aufzunehmen. "Er ist Vorsitzender der Liberalen in Deutschland, aber sonst liegen keine negativen Informationen vor."

Westerwelle reagiert in Straubing zwar mit einem Lächeln, geht aber auf das Spielchen nur kurz ein. "Und das verstehen die unter revolutionärer Integrationspolitik", sagt er. Und betont, er sei liberal, christlich und sozial. "Deswegen wird es im Rest meiner Rede keine einzige Attacke zur CSU geben."

Seehofer kündigt an die Adresse der als Mutti bezeichneten Merkel, schon neue mögliche Querschüsse der CSU an. "Wer in Berlin was durchsetzen will, der darf net schon im Kofferraum ein Weihrauchfass einpacken, der darf net beim Aussteigen vor dem Kanzleramt auf die Knie fallen in Ehrfurcht."

Vor einem Jahr hing der Familienfrieden des früheren Wunschbündnisses ganz schön schief. Es gab gegenseitige Sticheleien zwischen FDP und CSU bis hin zu Beschimpfungen. Seitdem bemüht sich die schwarz-gelbe Koalition, ein besseres Bild abzugeben. Geklappt hat es zumindest bei der Hartz-IV-Reform - dort war es die Opposition, die erst nicht mitmachte.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Und vielleicht wird es beim Thema Steuerentlastung klappen, wenn es auch noch keinen Zeitplan gibt. Gemeinsam ist der Koalition auch das neue Feindbild: die Grünen. Streitthemen gibt es aber noch genug - wie die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht. Auch beim "Benzin-Gipfel" vom Dienstag über den Biosprit E10 traten Differenzen zutage. Die Koalition sucht nach einem roten Faden. "Es geht um die Werte", sagt Westerwelle. Ausgerechnet die Werte sind aber für die Opposition ein gefundenes Fressen zum Aschermittwoch.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier griff Seehofer und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen ihrer Unterstützung Guttenbergs scharf an. Wenn Merkel demnächst in China gegen Plagiate wettere, "wird auch der höflichste Chinese sein Grinsen nicht unterdrücken können", sagte Steinmeier im bayerischen Vilshofen. Wenn "Lug und Trug" bürgerliche Tugenden seien, wolle die SPD damit nichts zu tun haben, sagte er.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf Merkel im baden-württembergischen Biberach vor, sie habe sich in der Guttenberg-Affäre als "handlungsunfähig" erwiesen. Wegen des Drucks der Konservativen in der Union habe sich die Regierungschefin nicht getraut, sich von Guttenberg loszusagen. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi nannte es in Passau "nicht hinnehmbar", dass Merkel und Seehofer an ihm festgehalten hätten.

DPA
cjf/AFP/DPA