Die Ministerpräsidenten beraten am Donnerstag über einen neuen NPD-Verbotsantrag. Die Innenminister der Länder hatten ihren Regierungschefs am Mittwoch bei einem Treffen in Rostock-Warnemünde einstimmig empfohlen, einen neuen Anlauf zum Verbot der rechtsextremen Partei zu starten. Es gilt als äußerst wahrscheinlich, dass die Ministerpräsidenten dem folgen. Deutschlandweit kommentieren die Medien den erneuten Antrag:
"Der Tagesspiegel" (Berlin)
"Wir kennen ihre Repräsentanten, ihre Sprüche, ihre Ideologie. Reicht das nicht, wird ein Antrag, so ist zu hoffen, vom umfänglichen Material der Geheimdienste gut unterfüttert. Beim vormaligen Anlauf wurden im politischen Furor die rechtlichen Hürden unterschätzt. Diesmal scheint es andersherum zu sein. Doch ein Verbot ist aussichtsreich, und selbst wenn es scheitert, gibt es nötige Klärungen. 2014, ein reelles Jahr für ein Urteil, wird die Nazi-Nachfolgepartei ein halbes Jahrhundert alt. 50 Jahre, in denen sie 'politisch bekämpft' werden sollte, wie es auch jetzt noch viele fordern. Ja, gut - aber vor allem wollen wir, dass es ein Ende hat."
"Frankfurter Rundschau" (Frankfurt)
"Nun kann man fragen: Warum nicht all das tun, ohne das NPD-Verbot zu lassen? Darauf gibt es, abgesehen vom rechtsstaatlichen Einwand des Parteienprivilegs, zwei Antworten: Erstens: Das eine lenkt vom anderen ab. Die Erfahrung zeigt, dass Kraft und Aufmerksamkeit fürs Kompliziertere bei Politik und vielen Medien oft erlahmen, wenn sie sich an symbolischen Themen und Handlungen abgearbeitet haben. Die zweite Antwort hängt mit der ersten zusammen: Die größten Chancen, den Virus des Ressentiments bis in die Mitte der Gesellschaft zu verbreiten, haben heute nicht bekennende Nazis, sondern die selbst ernannten Islam-Kritiker, die die Grenze zwischen geächtetem Extremismus und geachtetem Establishment nicht selten überschreiten."

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
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"Sächsische Zeitung" (Dresden)
"Der Blick in die Geschichte zeigt: Es sind nicht unbedingt Verbote, die Rechtsextremisten schwächen. Es mag zwar gute Gründe geben, die NPD zu verbieten. Im Erfolgsfall muss ihr der Staat kein Geld mehr überweisen. Doch sprechen auch gute Gründe gegen ein Verbot der schwächelnden Partei. Um all das geht es seit gestern nicht mehr. Die Innenminister haben mit ihrem Beschluss pro Verbot ein klares Zeichen gesetzt. Die Bundesregierung dürfte sich trotz Skepsis anschließen. Damit signalisieren die Antragsteller, dass für sie die NPD als eine Art Dachmarke des Rechtsextremismus nichts im deutschen Parteienwesen verloren hat. Nicht weniger. Ob das Bundesverfassungsgericht dem folgt, ist offen."
"Westdeutsche Zeitung" (Düsseldorf)
"Will man die NPD austrocknen, dann müssen potenzielle Sympathisanten auch erfahren, dass rechtsextreme Politik ihre Probleme nicht löst. Menschen, die verunsichert sind, weil vermeintlich andere ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen, oder diffuse Ängste vor Einwanderern aus anderen Kulturen verspüren, sollten von allen politischen Parteien ernst genommen werden. Und Furcht vor angeblicher Überfremdung kann man durchaus auch dadurch mindern, dass man das Entstehen von Parallelgesellschaften zugunsten echter Integration bremst."
"Kölner Stadt-Anzeiger" (Köln)
"Vor allem würde ein NPD-Verbot das gesellschaftliche Problem nicht lösen: Eine hier und da zu beobachtende Radikalisierung der Mitte, die sich in wachsender Ausländerfeindlichkeit und handfestem Antisemitismus niederschlägt. Diese Menschen könnten sich durch ein NPD-Verbot sogar entlastet anstatt angesprochen fühlen."
"Der neue Tag" (Weiden)
"Das Verbot steht und fällt mit der Belastbarkeit dieser Unterlagen und vor allem der Herkunft der Informationen. ... Wenn aber das Material so eindeutig ist, warum dann das lange Herumeiern? Eine Partei, die nach Aktenlage mutmaßlich eine Gefahr für die Verfassung ist, gehört verboten. Punkt. Da bleibt kein Raum für politische Abwägungen."
"Stuttgarter Zeitung" (Stuttgart)
"Ein Verbot hat immer auch einen demonstrativen Aspekt. Schon das Verbotsverfahren wird die menschenverachtende Ideologie der NPD kenntlich machen, auch die Faszination, die die Gewalt auf diese Partei ausübt. Die stille Zustimmung der Schweigenden, die bis in das bürgerliche Lager hinein reicht, wird aufgebrochen. Ein Verbot wird es danach den Biedermännern schwerer machen, sich mit den Brandstiftern zusammenzutun, zu relativieren, zu verharmlosen."
"Münchner Merkur" (München)
"Die Politik sollte sich davor hüten, allzu hohe Erwartungen mit einem NPD-Verbot zu verknüpfen. Rund 13 Prozent der deutschen Gesellschaft sollen braunem Gedankengut zugänglich sein. Dieser Personenkreis würde nicht einfach verschwinden, sondern sich neue Vehikel und Strukturen suchen - das Internet etwa oder den Untergrund, wo jegliche Kontrolle endet. Es hilft nun mal nichts: Rechte (und linke) Ränder gehören zum Wesen der Demokratie, und die Auseinandersetzung mit extremistischem Gedankengut ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie kann den Bürgern und ihren Parteien nicht per Dekret erspart werden - dem unbestrittenen Signalcharakter eines NPD-Verbots zum Trotz."