Die rot-grün regierten Länder wollen das von der Koalition durchgesetzte Betreuungsgeld noch vor der ersten Auszahlung wieder kippen. Der Bundesrat beschloss am Freitag einen Gesetzentwurf, der die Aufhebung der erst Ende vergangenen Jahres nach langem Streit verabschiedeten Leistung zum Ziel hat. Die Entscheidung darüber liegt nun allerdings beim Bundestag, wo Union und FDP die Mehrheit haben.
Nach geltendem Recht sollen das Betreuungsgeld ab August Eltern erhalten, die ihre kleinen Kinder im Alter bis zu drei Jahren nicht in eine staatlich geförderte Kita geben. Vorgesehen ist eine Zahlung von zunächst 100 Euro, später 150 Euro im Monat.
"Mit dem Betreuungsgeld wird der Anreiz geschaffen, dass Familien aus schwierigen Verhältnissen auf die qualitativ gute Förderung ihrer Kinder verzichten", sagte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Das Betreuungsgeld sei aber "nicht nur für die betroffenen Kinder fatal", sondern auch für Frauen, die damit wieder mehr an das Haus gebunden würden. Das Ziel einer modernen Familienpolitik müsse sein, dass "Mütter und Väter ihre Berufstätigkeit und ihr Familienleben miteinander in Einklang bringen können".
"Reines Schaulaufen" von Rot-Grün
Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) verteidigte das Betreuungsgeld und warf Rot-Grün vor, im Bundesrat ein "reines Schaulaufen" zu betreiben. "Kleine Kinder brauchen ihre Eltern", sagte sie in der Debatte. Haderthauer verwies auch auf Studien von Entwicklungspsychologen, wonach eine zu frühe Fremdbetreuung kleinen Kindern schaden könne.
Über das Betreuungsgeld muss nun der Bundestag erneut beraten. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, Hermann Kues (CDU), kündigte an, die schwarz-gelbe Mehrheit dort werde den Vorstoß des Bundesrats ablehnen. Er argumentierte, das Betreuungsgeld erweitere den Gestaltungsspielraum von Familien. Patrick Meinhardt (FDP) erinnerte daran, dass auch die SPD in der Zeit der großen Koalition dem Betreuungsgeld zugestimmt habe.
"Appell an die Vernunft von Schwarz-Gelb"
"Das Betreuungsgeld darf nicht kommen", sagte die rheinland-pfälzische Familienministerin Irene Alt (Grüne). Die Grünen-Familienpolitikerin Katja Dörner wertete den Bundesratsbeschluss als "wichtiges Signal gegen das Betreuungsgeld". Von einem "Appell an die Vernunft von Schwarz-Gelb" sprach SPD-Fraktionsvize Dagmar Ziegler. Allerdings räumten auch Politiker von SPD und Grünen ein, dass eine Abschaffung des Betreuungsgeldes wohl erst nach der Bundestagswahl bei neuen Mehrheitsverhältnissen möglich sein werde.
SPD, Grüne und Linke wollen die für das Betreuungsgeld vorgesehenen Mittel stattdessen für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen verwenden. Gegen die umstrittene Zahlung hat das SPD-regierte Hamburg zudem eine Verfassungsklage eingereicht. Für einen Verzicht auf das Betreuungsgeld warben erneut auch das Deutsche Kinderhilfswerk und weitere Sozialverbände.