Bundeskanzler Gerhard Schröder zieht sich nach der Amtsübergabe an Angela Merkel ganz aus der Bundespolitik zurück. Vor der SPD-Fraktion kündigte er an, dass er sein Bundestagsmandat am Mittwoch niederlegen werde. Mit Merkels für den Nachmittag geplanter Ernennung durch Bundespräsident Horst Köhler geht seine Kanzlerschaft auch formal zu Ende.
"Dieses Land gehört nicht uns"
Bei einem Abschiedsempfang der SPD-Bundestagsfraktion predigte Schröder am Montagabend in Berlin sein Glaubensbekenntnis: "Eine Sozialdemokratie zu haben, die den Machtanspruch der anderen Seite strikt zurückweist, sie seien es eigentlich, die geboren seien zu regieren." Die Abgeordneten und SPD-Mitglieder feierten Schröder am Vorabend der Wahl seiner designierten Nachfolgerin Angela Merkel mit stehendem Beifall. Die SPD nahm erneut Abschied von ihren Ministern rot-grünen Koalition und von einer Führungsgeneration, die beim Parteitag in der vergangenen Woche abgelöst worden war. Bereits beim Parteitag in Karlsruhe in der vergangenen Woche hatten sich Schröder und die Partei beim Abschied gegenseitig zu Tränen gerührt.
Als sein politisches Vermächtnis nannte Schröder die Rolle Deutschlands als mittlere Friedensmacht und den Beginn der inneren Reformen; er fügte als weitere Errungenschaft aber auch eine Liberalisierung der deutschen Gesellschaft hinzu. Als Beispiele führte er das Staatsangehörigkeits- und das Zuwanderungsrecht an sowie die eingetragenen Partnerschaften für Homosexuelle. Der frühere Partei- und Fraktionschef sowie künftige Vizekanzler Franz Müntefering sagte, Schröder habe mit seiner Regierungszeit endgültig durchgesetzt, dass die SPD auf einer Augenhöhe mit den Konservativen um die Macht konkurriere: "Dieses Land gehört nicht uns, aber es gehört auch nicht den Konservativen."
Als Abschiedsgeschenk das "Rechtsanwalts-Vergütungs-Gesetz"
Der neue Fraktionschef Peter Struck überreichte Schröder als Abschiedsgeschenk das "Rechtsanwalts-Vergütungs-Gesetz". Der 61-Jährige hatte bereits angekündigt, dass er künftig wieder als Rechtsanwalt arbeiten und ein Buch über seine Amtszeit schreiben wolle. Einen Job etwa als Aufsichtsrat in einem Großunternehmen oder einen Posten in einer "Heuschrecken"-Firma werde er mit Sicherheit nicht übernehmen, hatte er kürzlich in einem Interview mit der "Zeit" gesagt.
Nach dem Ende seiner "operativen Zeit" werde er sich "eher an Hans-Jochen Vogel orientieren oder auch an Erhard Eppler". Bei denen handele es sich um "freie Geister, mit viel Autorität und sehr solidarisch".