Reaktionen auf Bremer Senatswahl Kevin Kühnert "saustolz" auf SPD, Grüne enttäuscht – und die Bürger in Wut feiern sich als "Sammelbecken der Unzufriedenen"

Andreas Bovenschulte von der SPD
Andreas Bovenschulte von der SPD in Bremen freut sich
© dts Nachrichtenagentur / Imago Images
Die SPD liegt bei den Senatswahlen ganz vorne, ihr folgt die CDU. Die rechte Partei Bürger in Wut liegt gleichauf mit den Linken und die Grünen sind unzufrieden. Bürgermeister Bovenschulte kündigt derweil an, mit fast allen sondieren zu wollen.

Nach ihrer Schlappe vor vier Jahren hat sich die SPD nach ersten Prognosen bei der Bürgerschaftswahl in Bremen wieder Platz eins gesichert. Ihren Wahlerfolg in Bremen hat die SPD einer Forscher-Analyse zufolge vor allem dem bisherigen Regierungschef Andreas Bovenschulte zu verdanken. "Bei einer stark kommunal geprägten Bürgerschaftswahl punktet die SPD mit Parteiansehen, guter Senatsarbeit und allem voran mit ihrem überlegenen Spitzenkandidaten Andreas Bovenschulte", hieß es in einer am Sonntag nach ersten Prognosen veröffentlichten Wahlanalyse der Forschungsgruppe Wahlen. Auch die Linke bleibe relativ stark.

Bürgermeister Bovenschulte hält sich alle Optionen offen

Mit dem 57-jährigen Bürgermeister an der Spitze haben die Sozialdemokraten die Schmach von 2019 getilgt, als die CDU erstmals vor der SPD stärkste Kraft in dem Bundesland wurde. "Die Nummer eins in Bremen, das sind wir", ruft Bovenschulte am Wahlsonntag selbstbewusst seinen Parteifreunden zu und freut sich über das "grandiose Ergebnis".

Die Niederlage von vor vier Jahren, als die SPD ihr historisch schlechtestes Ergebnis in Bremen einfuhr, scheint vergessen. Nur weil damals die CDU an der Regierungsbildung scheiterte, blieben die Sozialdemokraten an der Macht. Zwar reicht die SPD an diesem Wahlsonntag nicht an die Erfolge früherer Wahlen heran. Doch Bovenschulte kann sich nun seine Koalitionspartner aussuchen. Grüne und Linke bieten sich bereits für eine Fortsetzung der bisherigen Regierung an – aber auch die CDU steht bereit.

Bovenschulte hält sich am Wahlabend zunächst alle Optionen offen. "Wir müssen gucken, wo die Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit allen Parteien liegen und wo es am besten passt", sagt er.

Kühnert stolz – Nouripour enttäuscht

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat sich hochzufrieden mit dem voraussichtlichen Sieg seiner Partei bei der Wahl in Bremen gezeigt. "Wir sind saustolz auf die SPD in Bremen und Bremerhaven", sagte Kühnert am Sonntagabend nach ersten Prognosen. Man müsse sich nicht für den starken "Personenbonus" von Kandidat Andreas Bovenschulte schämen, der die Themen verkörpere, für die die SPD seit über sieben Jahrzehnten dort stehe. Bovenschulte habe auch bundespolitische Akzente gesetzt, er sei "die erste und lauteste Stimme für eine Übergewinnsteuer in Deutschland" gewesen. Für die SPD sei wichtig, dass gegen sie keine Regierung gebildet werde.

Derweil hat sich Grünen-Chef Omid Nouripour nach den ersten Prognosen zur Wahl in Bremen und Bremerhaven ernüchtert gezeigt. Er nannte das sich abzeichnende Ergebnis für seine Partei enttäuschend. "Das Ergebnis ist nicht so, wie wir es uns gewünscht haben", räumte Nouripour am Sonntagabend in der ARD ein. Die bisher in Bremen mitregierenden Grünen landeten nach Prognosen mit Verlusten auf Platz drei. Die Enttäuschung sei groß. "Wir haben von der Bundesebene sicher keinen Rückenwind gegeben, es gab sicher auch Gründe hier", sagte Nouripour im ZDF. "Gleichzeitig ist Bremen eigentlich immer über dem Bundestrend gewesen, das war dieses Mal nicht der Fall. Das müssen wir uns anschauen."

FDP schafft wohl die Fünf-Prozent-Hürde

Zufriedene Reaktionen im Gegensatz dazu bei der Linken. "Wir freuen uns über dieses Ergebnis", sagte die Bundesvorsitzende der Linken, Janine Wissler am Sonntag. Bewahrheite es sich, dass die Linke bei 10,5 bis 11 Prozent liege, handele es sich um ein "ein gutes, ein stabiles Ergebnis". Die Bremer Linken hätten einen "fulminanten Wahlkampf gemacht", sagte Wissler.

Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Christian Dürr ist ebenfalls zufrieden. Seine Partei habe geschafft, was sie sich vorgenommen hatte: den Wiedereinzug ins Landesparlament, sagte er am Sonntagabend in der ARD. Laut den Prognosen nimmt die FDP mit 5 bis 5,5 Prozent knapp die Fünf-Prozent-Hürde. Der Bremer FDP-Spitzenkandidat Thore Schäck zeigte sich selbstkritisch. Es müsse sich noch zeigen, ob die Kampagne seiner Partei wirklich funktioniert habe.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Protestpartei Bürger in Wut (BIW) hat ihre Stimmengewinne bei der Landtagswahl in Bremen mit einer generellen Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger erklärt. Spitzenkandidat Jan Timke verwies am Sonntag aber auch auf eigene "gute Arbeit in der Bürgerschaft". Zudem könnte BIW von Kritik mancher Menschen an "dem Linkskurs der CDU" profitiert haben, sagte er im ZDF. Er verwies auf Probleme mit Kriminalität sowie darauf, dass Bremen ständig "bei Bildungsstudien auf dem letzten Platz" lande. "Wir waren Sammelbecken für Unzufriedene", sagte der BIW-Spitzenkandidat.

CDU verfehlt Wahlziel und ist dennoch zufrieden

Die CDU hat bei der Wahl ihr Ziel verfehlt und liegt klar hinter der SPD. Trotzdem ist Bremens CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff mit dem Abschneiden seiner Partei zufrieden. "Ich bin stolz auf unsere Partei, auf uns", sagte Imhoff am Sonntag in Bremen. "Wir haben den Wahlkampf gerockt." Die CDU habe im Wahlkampf alles gegeben und sei "toll". Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Partei, Andreas Jung, sagt, Bremen sei für die Christdemokraten schon immer ein schwieriges Pflaster gewesen. Auf Bundesebene gebe es eine andere Lage, dort lägen CDU/CSU in allen Umfragen weit vor der SPD.

Gleichwohl sei die rot-rot-grüne Regierungsbilanz in Bremen etwa bei innerer Sicherheit und Armut schlecht. Es dürfe in dem Stadtstaat "auf gar keinen Fall ein Weiter-so geben."

DPA · AFP
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