Auch zwei Tage nach der Wahl gibt sich die SPD wie im Siegesrausch: "Wir sind die Champions", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ludwig Stiegler unbescheiden vor der Fraktionssitzung am Dienstagnachmittag. Entsprechend sieht die Forderung aus, mit denen die Sozialdemokraten in die Sondierungsgespräche mit den Grünen am Mittwoch und der CDU einen Tag später gehen werden. Nämlich, dass es nur eine Koalition mit der SPD, mit Schröder an der Spitze geben werde, so Stiegler.
Auch der ehemalige Ministerpräsident Niedersachsens und Neu-Bundestagsabgeordnete Sigmar Gabriel kann sich "eine Koalition ohne Spitzenmann Schröder nicht vorstellen", wie er sagte. Und SPD-Vorstandsmitglied Ute Vogt erläutert, warum der amtierende Kanzler auch der nächste sein soll: Er habe nämlich das Vertrauen der Bürger gewonnen. Womit sie Recht hat, zumindest der offiziellen Parteilinie zufolge. Nach der orientiert sich die SPD an den Umfragen von vor sechs Wochen. Und danach hat Schröder gewonnen und Merkel verloren.
Erste Abweichler von der Parteilinie melden sich aber schon zu Wort. So sind erste Stimmen zu hören, die sich eine Regierungsbeteiligung auch ohne Schröder vorstellen können. Das aber interessiert Vize-Fraktionchef Stiegler nicht. Angesprochen auf den Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, der in einem Interview eben dies angedeutet hat, sagte Stiegler derb aber lächelnd: "Der soll das Maul halten. Wowereit ist gelegentlich ein Dampfplauderer." Auch eine Minderheitsregierung, toleriert die Linkspartei, steht laut Stiegler nicht zur Debatte.
Mit wem Kanzler Schröder zusammen regieren will, ließ er weiter offen. "Jede Form von Vorfestlegung wäre nicht angemessen", sagte Schröder nach der Sitzung. Dass die FDP, von vielen in der SPD als Partner für eine Ampelkoalition gewünscht, sich jedem Gespräch verweigern, scheint einige Sozialdemokraten zu nerven. So forderte der Vize-Parteivorsitzende Kurt Beck die Liberalen auf, sich Verhandlungen über eine Ampelkoalition nicht länger zu verschließen. "Ich denke, dass eine schroffe Ablehnung auf Dauer keinen Bestand haben wird", sagte Beck in Mainz: "Das ist allenfalls für Kleinkinder eine entschuldbare Haltung."
Wie Schröder will auch Beck aber keine Möglichkeit ausschließen. Auch keine große Koalition. Es gebe eine politische Schnittmenge der SPD mit der Union, etwa in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik sowie im sozialen Bereich. "Jede denkbare Konstellation ist für uns eine Option unter der Voraussetzung, dass Gerhard Schröder Kanzler bleibt."
Müntefering als Fraktionschef bestätigt
Außer vielsagendem Schweigen wurde in der Fraktionssitzung aber auch etwas entscheiden. Nämlich, dass SPD-Chef Franz Müntefering Fraktionschef bleibt. Mit einer großer Mehrheit von 200 der 210 abgegebenen Stimmen wurde im Amt bestätigt. Schröder führte Münteferings "wirklich glanzvolles Ergebnis" auf die Einsatzbereitschaft des Sauerländers zurück. Und der Müntefering nahm das Kompliment an und ging gleich wieder zur Tagespolitik über: "Wir wollen eine ordentliche Koalition, eine gute Basis für eine Regierung."